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Fragen und Antworten

Schriftliche Frage Nr. 439

23. Mai 2024 – Frage von A. Mertes an Frau Ministerin Klinkenberg zur Vergabe von Aufträgen an externe Dienstleister

Wie viele Aufträge wurden in Ihrem Zuständigkeitsbereich seit Einführung des Einstellungsstopps an externe Dienstleister vergeben? Bitte beschreiben Sie die jeweiligen Projekte und beziffern Sie die gesamten Kosten.

Die nachfolgend veröffentlichte Frage und die Antwort entsprechen den hinterlegten Originalfassungen. Die endgültige Version ist im Bulletin für Interpellationen und Fragen (BIF) veröffentlicht. 

Frage von Alain Mertes (Vivant) vom 9. April 2024:

Am 26. Juni 2023 wurde der Dekretentwurf zur Einrichtung eines Fonds für zinslose Darlehen an Auszubildende, Studierende und Schüler in Mangelberufen, Dokument 266 (2022-2023) Nr. 5, im Parlament angenommen. Die Vivant-Fraktion hat dem Gesamtdokument und den einzelnen Artikeln, mit einer Ausnahme, zugestimmt. 
Die Enthaltung betraf den Artikel 26, der wie folgt lautet: 
„Art. 26 (urspr. Art. 21) – Die Regierung kann einen externen Dienstleister mit der Vergabe des Darlehens beauftragen.“ 
„Der Regierung stehe es frei, einen externen Dienstleister mit der Vergabe des zinslosen Darlehens zu beauftragen. Ein Grund für die Aufnahme dieser Bestimmung sei, dass bei der Beauftragung eines externen Dienstleisters der Unternehmenswelt und anderen Akt-euren eine Partizipationsmöglichkeit im Rahmen der Steuerung der Fachkräfte geboten würde. Ein zweiter Grund sei der Anwerbungsstopp im Ministerium. Da noch nicht abzusehen sei, wie sich die Verwaltung des Darlehenssystems entwickeln werde, sei vorgesehen, dass diese bei Bedarf ausgelagert werden könne.“ 
Dieser Artikel wirft neue Fragen auf. Der Text stellt die Möglichkeit eines externen Dienstleisters zur Vergabe eines zinslosen Darlehens in den Vordergrund und nennt zwei Gründe dafür. Kritisch betrachtet könnte man die Logik eines Einstellungsstopps hinterfragen, wenn stattdessen vermehrt Aufträge an externe Dienstleister vergeben werden. 
Die Vergabe von Aufträgen an externe Dienstleister ist oftmals kostspieliger, als diese durch interne Ressourcen zu bearbeiten. 
Die Vivant-Fraktion ist der Meinung, dies würde den in der Außenwirkung positiv wirkenden Einstellungsstopp ad absurdum führen. 
Daher lauten meine Fragen an Sie, Frau Klinkenberg, wie folgt: 
1. Wie viele Aufträge wurden in Ihrem Zuständigkeitsbereich seit Einführung des Einstellungsstopps an externe Dienstleister vergeben? Bitte beschreiben Sie die jeweiligen Projekte und beziffern Sie die gesamten Kosten. 
2. Welche sind die Vergleichsdaten der drei vorherigen Sitzungsperioden für Ihren Zuständigkeitsbereich? Bitte beschreiben Sie die jeweiligen Projekte und beziffern Sie die gesamten Kosten. 
3. Konnten Sie seit dem Einstellungsstopp reale Einsparungen für Ihren Zuständigkeitsbereich verzeichnen? Wenn ja, bitte beziffern Sie diese? Wenn Nein, welche sind die Mehrkosten? 
4. Wie wird sichergestellt, dass bei einer eventuellen Auslagerung der Verwaltung des Darlehenssystems an externe Dienstleister eine effiziente und effektive Steuerung der Fachkräfte gewährleistet ist? Gibt es Mechanismen, um sicherzustellen, dass die Interessen der Unternehmenswelt und anderer Akteure angemessen berücksichtigt werden? 
5. Besteht die Gefahr, dass durch vermehrte Auftragsvergabe an externe Dienstleister das Wissen und die Expertise im Ministerium verloren gehen? Wie kann sicher sichergestellt werden, dass das Ministerium langfristig über die notwendigen Kompetenzen verfügt, um seine Aufgaben zu erfüllen?
6. Gibt es Untersuchungen oder Erfahrungen, die belegen, dass die Vergabe von Aufträgen an externe Dienstleister tatsächlich zu einer verbesserten Partizipationsmöglichkeit für die Unternehmenswelt und andere Akteure führt? Wie wird sichergestellt, dass die Interessen der externen Dienstleister nicht über die Interessen des Ministeriums oder der Öffentlichkeit gestellt werden?

Antwort von Lydia Klinkenberg (ProDG), Ministerin für Unterricht, Ausbildung, Kinderbetreuung und Erwachsenenbildung:

Die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft verfügte im Anschluss an ihre Regierungserklärung von September 2022 für das Ministerium der Deutschsprachigen Gemeinschaft einen unmittelbar in Kraft tretenden Einstellungsstopp. 
Alle signifikanten Auftragsvergaben gemäß Gesetz vom 17. Juni 2016 über die öffentlichen Aufträge, einschließlich der Dienstleistungsaufträge, werden in der jährlichen Rechenschaftslegung zum abgeschlossenen Haushaltsjahr, zum laufenden Haushaltsjahr und zum anstehenden Haushaltsjahr pro Organisationsbereich in den Parlamentsunterlagen „Allge-meine Darstellung und Rechtfertigungserklärung“ aufgeschlüsselt. Teil 4 ist dem Organisationsbereich 30 mit den Schwerpunkten Unterricht, Beschäftigung und Ausbildung gewidmet. Die nachgefragten Aufträge seit September 2022 sind der Haushaltsfibel 2023 beispielweise für das abgeschlossene Haushaltsjahr 2022, das Haushaltsjahr 2023 und für die Haushaltsplanungen 2024 zu entnehmen. Im Sinne des Jährlichkeitsprinzips der Haushaltsrechtfertigungen finden sich die analogen Ausführungen zu den Haushaltsjahren 2023-2025 in den Parlamentsunterlagen „Allgemeine Darstellung und Rechtfertigungs-erklärung“, die im Herbst 2023 dem Parlament unterbreitet wurden. 
Auf dem Internet-Portal www.ostbelgienlive.be werden zudem alle signifikanten Aufträge an externe Dienstleister im Service-Modul der „Anwendungen“ in der Rubrik „Finanz- Monitor“ in Echtzeit dokumentiert. Dies ermöglicht einen Überblick über aktuelle Aufträge in den einzelnen Organisationsbereichen und Programmen des Haushaltes der Deutsch-sprachigen Gemeinschaft. 
Die unmittelbare Rechenschaftspflicht der Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft im Rahmen aktueller Regierungskontrollen der Legislaturperiode 2019-2024 erstreckt sich nicht auf das Auftragswesen in den Legislaturperioden 2004-2009, 2009-2014 und 2014-2019. 
Es bietet sich dem Fragesteller an, gegebenenfalls den Studiendienst des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft mit Erhebungen zu den vergangenen zwei Jahrzehnten zu beauftragen. 
In diesem Zusammenhang kann zudem auf das Bulletin Nr. 30 vom 25. Mai 2022 der Sitzungsperiode 2021-2022 verwiesen werden. Dort werden beispielsweise Studienaufträge 2019-2022 detailliert aufgeschlüsselt. 
Bezogen auf die Referenzmonate Dezember 2022 zu Dezember 2023 verzeichneten die drei Fachbereiche des Unterrichtswesens, d.h. die Fachbereiche Ausbildung und Unterrichtsorganisation (Fb AUO), Pädagogik (Fb PÄD) und Unterrichtspersonal (Fb UP) eine Minderung von 45 Vollzeitäquivalent (VZÄ) auf 42 VZÄ, d.h. um 3 VZÄ. 
Aus Gründen des Datenschutzes der betreffenden Arbeitnehmer wird die mit diesen Personen verbundene Gehaltsmasse an dieser Stelle nicht weiterausgeführt. 
Die Fragestellung einer eventuellen Auslagerung der Verwaltung des Darlehenssystems an externe Dienstleister ist hypothetischer Natur. Grundsätzlich gilt, dass Auftragsvergaben gemäß Gesetz vom 17. Juni 2016 über die öffentlichen Aufträge, einschließlich externer Dienstleistungsaufträge, nur auf Basis entsprechender Lastenhefte erfolgen dürfen. 
Diese Lastenhefte präzisieren neben den Formalia beispielsweise die allgemeinen Auftrags-bestimmungen, den Auftragsgegenstand, die Auftragsdauer, das Wettbewerbs-Zugangs-recht, die qualitativen Auswahlkriterien, die Verfahrensweisen für Angebote, Zuschläge und Vergaben, die finanziellen Bestimmungen, die Ausführungsbestimmungen usw. Die in der Fragestellung angedachten Mechanismen sind als Vergabekriterien denkbar. 
Es sei darauf hingewiesen, dass die Finanzinspektion die Vergabe von Aufträgen auf Basis der vorgenannten Lastenhefte sorgsam prüft. Gemäß Erlass der Regierung vom 15. Juni 2011 zur Ausführung des Dekrets vom 25. Mai 2009 über die Haushaltsordnung der Deutschsprachigen Gemeinschaft erfolgt im Sinne des Artikels 26 § 3 das Gutachten der Finanzinspektion den Kriterien der Gesetzmäßigkeit, der Zweckdienlichkeit, der Wirksamkeit, der Kosteneffizienz und der Haushaltskompatibilität. 
Die Fragestellung in Bezug auf eine eventuelle Gefährdung des Wissensmanagements durch Auftragsvergaben ist hypothetischer Natur. Auftragsvergaben können im Bedarfsfall so erfolgen, dass ein effizienter Wissenstransfer zwischen einem externen Dienstleister und dem Ministerium als obligatorischer Teil der Vergabekriterien im Lastenheft vorgegeben ist. 
Im Sinne der vorerwähnten Lasthefte gemäß Gesetz vom 17. Juni 2016 über die öffentlichen Aufträge sind die Bewerber für Dienstleistungsaufträge in der Regel gehalten, ihre Erfahrung und Leistungsfähigkeit anhand von zumeist mindestens drei vergleichbaren Auf-trägen nachzuweisen. Dieses Kriterium ist Teil der qualitativen Auswahlkriterien im öffentlichen Auftragswesen.

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