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Fragen und Antworten

Schriftliche Frage Nr. 435

19. April 2024 – Frage von P. Creutz-Vilvoye an Herrn Minister Antoniadis zur Kostenerstattung für Logopädie-Behandlungen bei Kindern

Ist dieser Sachverhalt im Rahmen einer interministeriellen Konferenz angesprochen worden und ist der DG-Regierung bekannt, wie es um die angestrebte Neuregelung durch Minister Vandenbroucke steht?

Die nachfolgend veröffentlichte Frage und die Antwort entsprechen den hinterlegten Originalfassungen. Die endgültige Version ist im Bulletin für Interpellationen und Fragen (BIF) veröffentlicht. 

Frage von Patricia Creutz-Vilvoye (CSP) vom 14. März 2024:

Der föderale Minister für Volksgesundheit Frank Vandenbroucke wird in einigen Wochen ein Memorandum vorlegen, um eine Lösung für die Probleme zu finden, die durch die unterschiedliche Erstattung von Logopädiekosten für Kinder mit einem Intelligenz-quotienten (IQ) von weniger als 86 entstehen. 
Bisher werden die Kosten für ambulante Logopädie nicht erstattet, wenn das Kind einen Intelligenzquotienten von weniger als 86 hat oder wenn bei ihm eine Autismus-Spektrum-Störung (ASD) diagnostiziert wurde, die nach der Inami-Nomenklatur einer psychiatrischen Erkrankung gleichgestellt ist. Im vergangenen Jahr hatte es dazu eine Demonstration von Vereinigungen vor dem Kabinett des Ministers gegeben. 
Ein offener Brief in der Tageszeitung „Le Soir“, der von 250 Organisationen unterzeichnet wurde, fordert unterdessen ein Ende dieser Diskriminierung. 
Die Oppositionsabgeordnete Catherine Fonck (Les Engagés) brachte diese Bedenken am 29. Februar 2024 im Plenum der Kammer erneut vor. Sie reichte einen Änderungsantrag zu einem Gesetzentwurf ein, der verschiedene Bestimmungen im Bereich der Gesundheit enthält. 
Ein Gesetz, das diese Erstattung vorsieht, wurde zwar 2019 verabschiedet, aber blieb seitdem ohne Ausführungserlass. 
Unter dem Druck der Opposition, die den Änderungsantrag von Catherine Fonck einstimmig befürwortete, und angesichts der Dringlichkeit - die Kammer wird am 8. Mai 2024 im Hinblick auf die Wahlen aufgelöst - wurde erreichte, dass der Minister in höchstens sechs Wochen eine Entscheidung treffen werde. Ob diese Entscheidung das Los der betroffenen Kinder erleichtert, ist unterdessen unklar. 
Dem Vernehmen nach wurden die Kinder bisher in sog. „multidisziplinären Zentren“ therapiert. Die Zahl dieser Zentren ist jedoch recht gering, wobei zu befürchten ist, dass es in Ostbelgien erst gar kein Zentrum dieser Art gibt. 

Hierzu meine Frage: 
1. Ist dieser Sachverhalt im Rahmen einer interministeriellen Konferenz angesprochen worden und ist der DG-Regierung bekannt, wie es um die angestrebte Neuregelung durch Minister Vandenbroucke steht? 
2. In welchem Rahmen werden Kinder mit dieser Art Einschränkung bisher in Ostbelgien therapiert? 
3. Gibt es in Ostbelgien angemessene und vergleichbare Therapien, wie sie in Flandern und der Wallonie angeboten werden? 
4. Wenn nicht, wo werden diese Kinder therapiert? 
5. Wie haben sich die Betroffenen selbst nach einer Kostenerstattung die therapeutische Zukunft ihrer Kinder vorzustellen? 

 

Antwort von Antonios Antoniadis (SP), Minister für Gesundheit und Soziales:

1.) Grundlage für die von Ihnen gestellte Frage ist ein Beschluss des föderalen Kernkabinetts vom 20. März 2024, welcher beinhaltet, dass der zuständige föderale Gesundheitsminister ein seit 2019 existierendes Gesetz per Königlichen Erlass umsetzen soll. Diese Umsetzungsmethode ist effektiv in dem besagten Gesetzestext verankert. Der königliche Erlass regelt die Regeln für die logopädischen Leistungen von Kindern mit einem OQ oder IQ unter 86. Mehr Details können Sie dem Gesetzestext entnehmen. 

Ein wichtiger Aspekt des besagten Erlasses allerdings betrifft die Deutschsprachige Gemeinschaft: Die Föderalregierung hat am 20. März 2024 beschlossen, dass vorerst keine IQ-Tests für eine monodisziplinäre Therapie erforderlich sind. Dieser Beschluss gilt bis zum 1. Juli 2025. Ab Juli 2025 ist es dann erforderlich, bei Kindern mit einem IQ unter 70 in einem anerkannten ambulanten Therapiezentrum eine multidisziplinäre Bilanz zu ziehen. Diese Zentren sind jene multidisziplinären Zentren, die im Rahmen der 6. Staatsreform an die Gemeinschaften übertragen worden sind. In den Jahren 2024 und 2025 soll nach dem Willen des Föderalstaats eine entsprechende Bilanz aufgebaut werden in den Zentren. Die Zentren können dann auf Grundlage der Bilanz entscheiden, ob eine multidisziplinäre Therapie im Zentrum oder eine monodisziplinäre Behandlung bei einem freischaffenden Therapeuten erforderlich ist. 

Im Rahmen der interministeriellen Konferenz vom 17. April 2024 wurde der Entwurf des besagten Königlichen Erlasses vorgestellt. Es gab demnach keine gemeinsame Erarbeitung, sondern ein in Kenntnis setzen. 
Die Deutschsprachige Gemeinschaft wurde über diesen Beschluss demnach nicht explizit informiert. Dies, obwohl das betroffene multidisziplinäre Zentrum in der Deutschsprachigen Gemeinschaft das BTZ ist. Die Frage der Organisation und Finanzierung ist somit nicht geklärt. 
Von Seiten der Teilstaaten wurde im Rahmen der besagten interministeriellen Konferenz festgehalten, dass man Kenntnis von dem Entwurf des Königlichen Erlasses nimmt, aber nicht ohne zusätzliche Informationen und Klärungen der Fragen der Finanzierung und Organisation das Aufstellen zusätzlicher Referenzzentren bzw. die Frage ihrer geografischen Lage klären kann. Dies müssen die folgenden Regierungen des Landes beschließen. 

2.) Es gibt aktuell die Möglichkeit, im BTZ eine multidisziplinäre Therapie inklusive Logopädie für Kinder mit einem Bedarf zu erhalten. In diesem Rahmen ist es jedoch erforderlich, dass in mindestens zwei Therapiedisziplinen ein Bedarf besteht, reine logopädische Behandlungen werden nicht angeboten. 2022 wurden im BTZ 148 Kinder und deren Eltern in einer multidisziplinären Therapie begleitet. Dies entspricht 4135 Dienstleistungen Im Jahr 2022. 

Im Rahmen der Kompetenzübernahme der multidisziplinären ambulanten Behandlungen im Zuge der 6. Staatsreform können entsprechende Therapien auch im Rahmen einer Langzeitrehabilitation im Ausland erfolgen. Ein entsprechender Antrag kann beim Ministerium für die beschriebene Antragsprozedur eingereicht werden. Dies betrifft zu dem auch die spezifischen Zentren, die zur Diagnostik von Autismus geschaffen wurden. Hier kann eine entsprechende Erstattung einer Diagnostik in einem Zentrum im Ausland beantragt werden.

Darüber hinaus können Kinder mit einem niedrigen IQ auch über das Förderschulwesen Einzelförderung in verschiedenen Therapien in Anspruch nehmen, dazu zählt Logopädie, aber beispielsweise auch Kinesiotherapie oder Ergotherapie. 

3.) und 4.) 
Die Deutschsprachige Gemeinschaft hat ein entsprechendes Zentrum mit der 6. Staats-reform übertragen bekommen. Das damalige „Kitz“ war ein solches Zentrum. Die Tätig-keiten werden seit 2019 durch das BTZ gewährleistet. 
Zudem können die betroffenen Kinder auch im Ausland einer Therapie folgen. 

5.) Jede angetroffene Situation ist anders, jeder Fall ist spezifisch und personenbezogen. 
Allgemein kann gesagt werden, dass eine therapeutische multidisziplinäre Begleitung in der Deutschsprachigen Gemeinschaft durch das BTZ gesichert ist. Eine monodisziplinäre Behandlung bei einem Logopäden ist zudem möglich.

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