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Fragen und Antworten

Mündliche Frage Nr. 1683

18. April 2024 – Frage von S. Pauels an Ministerin KLINKENBERG zum Arbeitsstand zur kostenlosen schulinternen Aufgabenbetreuung

Wie ist der aktuelle Arbeitsstand in dieser Angelegenheit?

Die nachfolgend veröffentlichte Frage und die Antwort entsprechen den hinterlegten Originalfassungen. Die endgültige Version ist im Bulletin für Interpellationen und Fragen (BIF) veröffentlicht. 
 
Frage von Stephanie Pauels (CSP):
 
Im Rahmen seiner Regierungserklärung stellte Ministerpräsident Oliver Paasch im vergangenen September in Aussicht, dass die Regierung – ich zitiere – “im kommenden Sitzungsjahr” dafür sorgen wolle “dass alle Schülerinnen und Schüler Zugang zu einer kostenlosen schulinternen Aufgabenbetreuung erhalten” . 
 
Seit dieser Ankündigung sind nun auf den Tag genau sieben Monate vergangen. In Anbetracht der endenden Legislaturperiode erlaube ich mir daher bei Ihnen als zuständiger Ministerin die folgenden Nachfragen: 
1. Wie ist der aktuelle Arbeitsstand in dieser Angelegenheit? 
2. Wie bewertet die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft aus heutiger Sicht die Realisierungschancen der kostenlosen schulinternen Aufgabenbetreuung innerhalb des formulierten Zeitplans? 
3. Bekennen sich die aktuellen Regierungsparteien unabhängig vom Wahlergebnis zur Weiterverfolgung dieses gesetzten Ziels? 
 
 
Antwort von Lydia Klinkenberg (ProDG), Ministerin für Unterricht, Ausbildung, Kinderbetreuung und Erwachsenenbildung:
 
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
 
die OECD hat mit ihrer Feststellung, dass es in Ostbelgien eine ausgeprägte Aufgabenpraxis gibt, die Befunde der repräsentativen Umfrage, die VDI 2019 im Rahmen der Entwicklung der Bildungsvision durchführte, bestätigt. Damals sprachen sich 57% der Teilnehmenden für zusätzliche Hausaufgabenbetreuungsangebote aus.
Wie ich eben schon sagte, belegt die Bildungsforschung, dass Hausaufgaben aufgrund der sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen, die Kinder zu Hause vorfinden, die Bildungsgerechtigkeit beeinträchtigen können und deshalb gewisse Aufgaben in der Schule erledigt werden sollten. Durch das Erledigen der Aufgaben während der Schulzeit können Schulen sicherstellen, dass alle Schüler auf die gleichen Ressourcen und Unterstützungsmöglichkeiten zurückgreifen können und einen wesentlichen Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit leisten. Schulaufgaben können zu einer hohen Arbeitsbelastung für Schüler führen, insbesondere bei Schwierigkeiten, diese eigenständig zu erledigen. Die Erledigung der Aufgaben während der Schulzeit reduziert die Belastung von Schülern und Familien, insbesondere in einem Ganztagsschulsystem.
 
Einer der Vorteile der schulinternen Aufgabenbetreuung ist, dass sie durch schulisches, qualifiziertes Personal angeboten wird. Auf die Bedeutung der pädagogischen Qualifikation des Betreuungspersonals haben die Schulleitungen in den Versammlungen immer wieder hingewiesen. Geschultes Personal kann den individuellen
Bedürfnissen der Lernenden besser gerecht werden.
 
Bekanntlich streben wir mit den Reformvorhaben zur Realisierung der Bildungsvision 2040 unter anderem eine höhere Bildungsgerechtigkeit an. Die Schaffung von Angeboten zur Schulaufgabenbetreuung ist eine von mehreren Maßnahmen, die dazu beitragen sollen.
Mit den Schulleitungen bin ich daher bereits letztes Schuljahr so verblieben, dass die Schaffung schulinterner Angebote zur Betreuung von Hausaufgaben im Rahmen der Bildungsstrategie zur Erreichung der Vision umgesetzt wird. So erhalten die Schulen zum einen Zeit, entsprechende Konzepte zu entwickeln, zum anderen können wir durch die Einbettung der Maßnahme in die gesamtsystemischen Überlegungen zur Förderung der Bildungsgerechtigkeit sicherstellen, dass unsere Bemühungen effektiv und nachhaltig sind. Ich habe den Netzkoordinatorinnen und den GUW Schulleitungen im Oktober 2023 ein Schreiben zukommen lassen, das sie zur Kommunikation mit den Eltern nutzen konnten, in dem steht – ich zitiere: „In einem zweiten Schritt soll darüber nachgedacht werden, wie die Bildungsgerechtigkeit gefördert werden kann, indem Schulaufgaben vermehrt in der Schule erledigt werden. Deshalb besagt das jüngst verabschiedete Dekret, dass die Aufgaben vorrangig während der Unterrichtszeit zu erledigen sind. Diese Maßnahme wird jedoch erst im Rahmen der Umsetzung der Bildungsvision 2040 in den kommenden Jahren - und nicht in diesem oder dem nächsten Schuljahr - konkretisiert, da sie mit gesamtsystemischen Überlegungen zur Förderung der Bildungsgerechtigkeit einhergeht.“ Zitatende
 
Dennoch haben die Schulen natürlich bereits heute die Möglichkeit, Schulaufgaben im Unterricht oder in der Schule zu betreuen. Einige Schulen haben bereits erfolgreich entsprechende Maßnahmen umgesetzt.
Kurz: Die Regierung und auch die Bildungsakteure halten an dem Vorhaben fest, allerdings ist die Umsetzung dieser Maßnahme in einem größeren Kontext zu betrachten. Sie ist daher auch Teil der Bildungsstrategie zur Realisierung der Bildungsvision 2040, die Sie noch diese Woche erhalten und über die wir hier in der kommenden Woche austauschen werden.
Die Maßnahme sieht vor, was bereits dekretal verankert wurde, nämlich dass in der Primarschule zukünftig die Schulaufgaben vorrangig während der Unterrichtszeit erledigt werden. Unabhängig davon wird weiterhin die Möglichkeit bestehen, kleine Aufgaben zu Hause zu erledigen, wie beispielsweise das Sammeln und Mitbringen von Materialien, Aufgaben zum Verbessern der Lesekompetenzen oder das Üben für bevorstehende Präsentationen. Auch werden Schulen Eltern weiterhin Feedback zur Kompetenzentwicklung der Schüler sowie ggf. Empfehlungen zur Förderung der basalen Kompetenzen der Kinder geben.
In der Unterstufe der Sekundarschulen sollen kostenlose schulinterne Betreuungsangebote entwickelt werden, die außerhalb der Unterrichtszeit organisiert werden. In einigen Schulen werden solche Konzepte bereits erfolgreich umgesetzt.
Natürlich werden wir auch weiterhin bereits bestehende außerschulische Betreuungsangebote wie die sogenannten Hausaufgabenschulen strukturell unterstützen. Diese werden auch künftig eine wichtige Rolle spielen, insbesondere für Lernende mit besonderen Bedürfnissen, wie zum Beispiel für diejenigen, deren Eltern die Unterrichtssprache nicht beherrschen. Der Schwerpunkt der außerschulischen Unterstützungsangebote wird dann voraussichtlich weniger auf der Bearbeitung von Schulaufgaben, sondern vielmehr auf der individuellen Förderung der Lernenden mit besonderem Unterstützungsbedarf liegen.
 
Dass Schulen im Sinne der Bildungsgerechtigkeit das eigenverantwortliche Arbeiten der Schüler an Schulaufgaben in den Unterricht oder das schulische Angebot integrieren, bedeutet nicht, dass Schulaufgaben abgeschafft werden. Sie werden lediglich vermehrt, aber nicht ausschließlich, in der Schule erledigt.
 
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
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