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Fragen und Antworten

Schriftliche Fragen Nrn. 430, 431, 432 und 433

15. April 2024 – Fragen von R. Nelles an die Regierungsmitglieder zum Thema „Angestellte und Beamte im Öffentlichen Dienst – Schutz vor Übergriffen“

Gibt es Dienstleistungsbereiche, in denen diese Klagen besonders häufig sind?

Die nachfolgend veröffentlichte Frage und die Antwort entsprechen den hinterlegten Originalfassungen. Die endgültige Version ist im Bulletin für Interpellationen und Fragen (BIF) veröffentlicht. 

Frage von Robert Nelles (CSP) vom 6. März 2024:

In einem am 11. Januar 2024 in der belgischen Abgeordnetenkammer verabschiedeten Gesetz geht es unter anderem um den Schutz gewisser Berufsgruppen – etwa Polizei, Feuerwehr, Krankenwagen aber auch ÖSHZ, Mediatoren und viele andere mehr. 
Viele Beamte und Angestellte dieser Dienste gelten als potentielle Ziele von Angriffen, Beleidigungen, Bedrohungen und Übergriffen oder waren im Laufe ihrer Karriere Oper dieser Gewaltformen. 
Diese Berufsgruppen zu schützen und ihnen Hilfe bei der Konfliktvermeidung oder – im Ernstfall – nach einem Übergriff anzubieten, halte ich für eine sehr wichtige Sache! 
Auch in der Deutschsprachigen Gemeinschaft arbeiten viele Personen, die direkt oder indirekt zu dieser Opferkategorie gehören. 

Daher meine Frage: 
1a. Haben Sie, Herr Minister Antoniadis, in Ihrem Aufgabenbereich (etwa ÖSHZ, DSL, Zahlstelle für Kindergeld, Pflegegeld, Zahlstelle für Energieprämien, …) von Klagen des Personals gehört, das unter Übergriffen und Gewaltformen gelitten hat? 
1b. Haben Sie, Frau Ministerin Weykmans, in Ihrem Aufgabenbereich – etwa Arbeitsamt, BRF, WFG, Medienzentrum, …) von Klagen des Personals gehört, das unter Übergriffen und Gewalt-formen gelitten hat? 
1c. Haben Sie, Frau Ministerin Klinkenberg, in Ihrem Aufgabenbereich (etwa Schulen der unterschiedlichen Netze, Kaleido, dem Zentrum für Kleinkindbetreuung, …) von Klagen des Personals gehört, das unter Übergriffen und Gewaltformen gelitten hat? 
1d. Haben Sie, Herr Ministerpräsident, in Ihrem Aufgabenbereich (etwa Ministerium, Gemeindeaufsicht, …) von Klagen des Personals gehört, das unter Übergriffen und Gewalt-formen gelitten hat? 
2. Wie ist auf diesen Hinweis, auf diese Beschwerde reagiert worden? 
3. Gibt es Dienstleistungsbereiche, in denen diese Klagen besonders häufig sind? 
4. Was wird den Hilfesuchenden angeboten, um über das entstandene Leid hinwegzukommen? 
5. Wie hoch liegen die Ausfalltage nach einem Inzident? 

Antwort von Oliver Paasch, Ministerpräsident, im Namen der Regierung:

Unter den Diensten der Aufgabenbereiche der Minister gibt es weitreichende Übereinstimmungen, weshalb die Beantwortung der schriftlichen Fragen 430-433 von Herrn Nelles an die vier Minister gebündelt erfolgt. 

1) Haben Sie in Ihrem Aufgabenbereich Klagen des Personals gehört, das unter Übergriffen und Gewaltformen gelitten hat? 

Personalmitglieder im öffentlichen Sektor – sei es aus dem Schulwesen, der Verwaltung von Gemeinschaft und Gemeinden oder aus anderen öffentlichen Diensten – kommunizieren je nach Tätigkeitsfeld mit den Bürgern. Manche kommunizierten Entscheidungen seitens der Behörde haben weitreichende Konsequenzen für den Einzelnen, z. B. wenn Leistungen gestrichen, die Einhaltung von Vorschriften kontrolliert oder aber die Versetzungen von Schülern beschlossen werden. Solche Entscheidungen können auf Ablehnung oder Gegenwehr stoßen und in vereinzelten Fällen hat dies in der Vergangenheit zu Entgleisungen gegenüber unseren Personalmitgliedern geführt. 
Die Personalmitglieder in Verwaltungsberufen berichten in dem Zusammenhang vorwiegend von verbalem grenzüberschreitendem Verhalten, z. B. in Form von emotional geladenen Unmutsäußerungen, Beleidigungen oder Bedrohungen, die telefonisch oder im direkten Kontakt geäußert werden. Bei pädagogischem Personal in den Schulen ist es auch zu Vorfällen körperlicher Gewalt ausgehend von Schülern gekommen, wobei solche Vorfälle im Kontext intensivpädagogischer Einrichtungen häufiger vorkommen als in den Regel-schulen. 
Bedauerlicherweise stellen wir fest, dass verbale Entgleisungen für vereinzelte Berufsgruppen zum Berufsalltag dazugehören. Unsere Personalmitglieder und besonders die gefährdeten Berufsgruppen werden darin unterstützt, mit solchen Situationen möglichst professionell und sachlich umzugehen und erfahren bei der Ausarbeitung gezielter Präventions- und Schutzmaßnahmen besondere Aufmerksamkeit. 

2) Wie ist auf diesen Hinweis, auf diese Beschwerde reagiert worden? 

Grundsätzlich nehmen wir Hinweise unserer Personalmitglieder zu übergriffigen Verhaltensweisen durch Dritte sehr ernst. Vorgesetzte sind auch in solchen Belangen die ersten Ansprechpersonen ihrer Personalmitglieder und es liegt in ihrer Verantwortung zu prüfen, wie mit dem jeweiligen Vorfall umzugehen ist und welche Unterstützungsmaßnahmen das betroffene Personalmitglied benötigt. In vielen Fällen kann das Gespräch mit Vorgesetzten und Kollegen helfen, um sich über Erfahrungen und Strategien im Umgang mit solchen Situationen auszutauschen. Im Bedarfsfall können Vertrauenspersonen, Gefahrenverhütungsberater oder auch externe Supervisoren konsultiert werden; im Kontext des Unterrichtswesens können Betroffene sich zudem an Kaleido wenden. 
In Einzelfällen wurde auch schon Anzeige erstattet. 
Auch die gesetzlich vorgeschriebenen Gremien, deren Auftrag es ist, Arbeitgeber, Hierarchie und Personalmitglieder in Fragen von Sicherheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz zu beraten und zu unterstützen, werden informiert, da es zu ihren Aufgaben gehört, den Arbeitgebern Vorschläge zur Gewährleistung von Sicherheit und Wohlbefinden der Personal-mitglieder zu unterbreiten. Hierzu gehören der Interne Dienst für Gefahrenverhütung und Schutz am Arbeitsplatz - IDGSA, bestehend aus dem internen Gefahrenverhütungsberater und der Vertrauensperson/en, sowie der Gemeinsame interne Dienst für Gefahrenverhü-tung und Schutz am Arbeitsplatz - GIDGSA bestehend aus Gefahrenverhütungsberatern sowie Vertretern von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. In der Deutschsprachigen Gemeinschaft setzt sich der GIDSGSA aus Vertretern der Arbeitgeber Regierung, Ministerium, AHS, BRF, IAWM, EMR, und Kaleido sowie aus Vertretern der Arbeitnehmergewerkschaften CGSP, CSC und FGÖD zusammen. 
Zusätzlich zu diesen beiden Gremien beauftragt jeder öffentliche Dienst unserer Gemeinschaft einen externen Dienst für Gefahrenverhütung und Schutz am Arbeitsplatz - EDGSA, der die internen Gremien und Arbeitgeber sowie die Hierarchie und die Personalmitglieder im Bereich des Risikomanagements und der medizinischen Aufsicht unterstützt. Auch im Bereich der psychosozialen Risiken, zu denen übergriffige Verhaltensweisen Dritter gehören, bieten dieser Dienst Soforthilfe sowie Beratungsleistungen zur Ausarbeitung passen-der Präventions- und Schutzmaßnahmen an, die dazu beitragen, dass solche Vorfälle erst gar nicht mehr entstehen und/oder die Risiken durch einen adäquaten Umgang minimiert werden können. 

3) Gibt es Dienstleistungsbereiche, in denen diese Klagen besonders häufig sind? 

Bereiche, in denen Personalmitglieder im Rahmen unserer Leistungsverwaltung negative Entscheidungen der Behörde kommunizieren und im Rahmen unserer Ordnungsverwaltung die Einhaltung von Vorschriften kontrollieren, sind im besonderen Maße betroffen. 
Dazu gehören: 
• Jugendhilfe 
• Justizhaus 
• Alle Dienste, die (Sozial)leistungen auszahlen und/oder Genehmigungen/Ablehnungen erteilen 
• Alle Dienste, die die Einhaltung von Vorschriften kontrollieren (Inspektoren) 
• Empfänge und Sekretariate, die den Erstkontakt zu Bürgern gewährleisten 

Im Unterrichtswesen sind Lehr- und Erziehungspersonal häufiger betroffen als Verwaltungspersonal. 

4) Was wird den Hilfesuchenden angeboten, um über das entstandene Leid hinwegzukommen? 

Wie bereits zur Beantwortung der Frage 2 angeführt, gibt es durch die Hierarchie, den Kollegenkreis sowie interne und externe Angebote zur Supervision und Beratung eine Reihe an Soforthilfemaßnahmen, die je nach Bedarf und Bedürfnis des betroffenen Personalmitglieds in Anspruch genommen werden können. 
Da wir uns bewusst darüber sind, dass das Risiko für solche Vorkommnisse in bestimmten Tätigkeitsbereichen besteht, setzen wir viel daran, präventiv zu agieren und Vorkehrungen zu treffen, die dazu beitragen, Vorfällen verbaler oder körperlicher Entgleisungen vorzu-beugen oder die damit einhergehenden schädlichen Auswirkungen zu minimieren. Dazu gehören z. B. 
• Schulungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen: z.B. Kommunikation und Deeskalation von potenziell konfliktträchtigem Kundenkontakt, Selbstverteidigung, Stressbewältigungs- und Resilienztrainings 
• Handlungsrichtlinien von Arbeitgeber und Hierarchie, wie mit grenzüberschreitendem Verhalten umgegangen wird (z.B. Telefonat höflich, aber bestimmt beenden) 
• Beratung durch die Polizei, wie Kundenempfangsbereiche und Besprechungsräume konzipiert und ausgestattet werden, um ein möglichst risikoarmes Umfeld zu schaffen 
• Sicherheitsvorkehrungen in bestimmten Räumlichkeiten und für tendenziell riskante Situationen, wie z.B. Besucherschleusen, Notfallknöpfe, Schutzausrüstung, Wahrnehmung von Terminen im Duo oder je nach Bedarf gemeinsam mit der Polizei 
• Risikoanalysen (mindestens alle fünf Jahre) zwecks Konzeption bedarfs- und ziel- gruppenorientier Präventionsmaßnahmen 
• Regelmäßige Rundtische für Personalmitglieder mit Inspektionsaufgaben, bei denen die Besonderheiten dieser sehr exponierten Rolle außerhalb des Schutzbereiches der eigenen Büroräume thematisiert werden 

Über die Minimierung von Risikofaktoren hinaus, gehört zu einer umfassenden Präventionspolitik ebenso die Stärkung bestimmter Schutzfaktoren. Diese stehen in diesem Kon-text z. B. in Zusammenhang mit den zwischenmenschlichen Beziehungen am Arbeitsplatz, weshalb auch die Durchführung von Teamcoachings oder die Schulung und Sensibilisierung von Führungskräften indirekt dazu beitragen, dass Personalmitglieder durch ein unterstützendes Umfeld besser mit belastenden Situationen zurechtkommen. 

5) Wie hoch liegen die Ausfalltage nach einem Inzident? 

Zu den Ausfalltagen können keine Angaben gemacht werden. Da es sich um Einzelfälle handelt, werden damit einhergehende Ausfalltage nicht systematisch erfasst und statistisch ausgewertet.

 

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