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Fragen und Antworten

Schriftliche Frage Nr. 419

21. März 2024 – Frage von I. Voss-Werding an Herrn Minister Antoniadis zum Sozialtarif bei Strom und Gas für Pflegegeldempfänger

Wie viele Senioren erhalten zurzeit in der DG Pflegegeld und damit den Sozialtarif für Gas und Strom?

Die nachfolgend veröffentlichte Frage und die Antwort entsprechen den hinterlegten Originalfassungen. Die endgültige Version ist im Bulletin für Interpellationen und Fragen (BIF) veröffentlicht. 

Frage von Inga Voss-Werding (Ecolo) vom 14. Februar 2024:

In der Ausschusssitzung vom 17.01.2024 betonten Sie, dass jede(r) SeniorIn, der/die in der Deutschsprachigen Gemeinschaft Pflegegeld empfängt, systematisch den Sozialtarif für Gas und Strom erhält. Dieser Sozialtarif ist in der Regel Personen mit niedrigem Einkommen vorbehalten. 

Angesichts dieser Tatsache stellen wir Ihnen folgende Fragen: 
1. Wie viele Senioren erhalten zurzeit in der DG Pflegegeld und damit den Sozialtarif für Gas und Strom? 
2. Wie viele dieser Menschen sind einkommensschwache Personen mit einem niedrigen Bruttoeinkommen, die auch im Rest unseres Landes Anrecht auf den Sozialtarif hätten? 
3. In der DG kommen offenbar mehr Menschen in den Genuss des Sozialtarifs für Gas und Strom, als dies im Inland der Fall ist. Welche Mehrkosten entstehen dadurch? 
4. Wer kommt für diese Kosten auf? 


Antwort von Antonios Antoniadis (SP), Minister für Gesundheit und Soziales:


1.) Zum 5. März 2024 beziehen 2254 Senioren in der Deutschsprachigen Gemeinschaft ein Pflegegeld. 

2.) Da der Unterstützungsbedarf der Senioren im Fokus steht und nicht mehr etwaige Einkünfte, kann auf diese Frage keine Antwort gegeben werden. Der Föderalstaat gewährte diese Beihilfe anhand einer Einkommensüberprüfung und anhand der medizinisch-sozialen Skala. Die Empfänger waren daran angehalten, sämtliche Einkommen einschließlich des Vermögens aus Geld- und Immobilienanlagen anzugeben. Es fand allerdings keine systematische Überprüfung der Einkommens- und Vermögenssituation statt. In vielen Fällen erhielt der Empfänger eine BUB in Höhe von wenigen Cent, weil er ein zu hohes Einkommen hatte, um einen höheren Betrag an BUB erhalten. Dennoch wurde diesen Personen der Sozialtarif auf Strom und Gas gewährt. Die sechste Staatsreform hat zu einer Neuausrichtung mit unterschiedlicher Tragweite geführt. 
Da die Systeme auf belgischer Ebene vergemeinschaftet worden sind, haben sich in ganz Belgien vier verschiedene Systeme mit unterschiedlichen Modalitäten entwickelt. Noch führen die anderen Teilstaaten Einkommensüberprüfungen durch, arbeiten aber mit unterschiedlichen Grenzbeträgen je nach Kategorie und Haushaltszusammensetzung. Zudem ist sogar bei höheren Einkommen die Möglichkeit vorhanden, den Betrag der BUB zu verrechnen, wodurch in manchen Situationen die BUB der verschiedenen Teilstaaten aufgrund der Einkünfte nur wenige Cent pro Monat beträgt und dennoch der Sozialtarif für Strom und Gas gewährt wird. Der Föderalstaat hat in seiner Gesetzgebung lediglich verankert, dass der Erhalt einer Beihilfe für Betagte das Recht eröffnet. Es wird nicht präzisiert, wie hoch die Einkommen der Bezieher sein sollen, um diesen Vorteil zu gewähren. Der Föderalstaat müsste womöglich seine Gesetzgebung anhand von Kriterien präzisieren, solange weiterhin die Absicht besteht, für ein abgeleitetes Recht des Föderalstaats - in diesem Fall der Sozialtarif - zu einer Prämie gewährt wird, die auf Ebene der Teilstaaten geregelt wird. Es obliegt dem Föderalstaat festzulegen, unter welchen Bedingungen dieses soziale Recht gewährt wird. Wenn dieser das weiterhin am Einkommen festlegt, dann müsste er entsprechende Grenzbeträge formulieren, weil selbst die Teilstaaten, die mit Grenzbeträgen arbeiten, unterschiedliche Berechnungsgrundlagen haben.

In der Antwort auf die aktuelle Frage 1596 von Frau Stiel wurde das wie folgt beschrieben: 
„Ich möchte eingangs darauf hinweisen, dass durch die 6. Staatsreform im Land vier verschiedene Systeme der Unterstützung bei Pflegebedarf im Alter entstanden sind. 
Das führt dazu, dass der Zugang zum Sozialtarif für Strom und Gas, der als abgeleitetes Recht bereits vor der 6. Staatsreform gewährt wurde, unterschiedlich zugestanden wird. 
In Flandern, der Wallonie und Brüssel werden aktuell die Einkommen berechnet, um die Beihilfe für Betagte zu gewähren. 
Allerdings sieht Brüssel zum Beispiel einen Grenzbetrag von maximal 25.000 Euro an Einkünften für eine alleinstehende Person vor. 
In der Wallonie hat man den Grenzbetrag bei 16.000 Euro Einkommen für einen Allein- stehenden festgelegt. 
Man hat aber auch die Möglichkeit eingebaut, dass wenn jemand mehr als 16.000 Euro Einkommen hat, die Beihilfe für Betagte in der Höhe des Einkommens verrechnet. 
Verdient ein Senior also deutlich mehr als 16.000 Euro im Jahr und erhält er nach der Verrechnung ca. 90 Cent Beihilfe für Betagte im Monat aufgrund des 
hohen Einkommens, dann bekommt auch dieser Senior den Sozialtarif auf Strom und Gas. 
In Flandern ist die Situation noch mal anders geregelt. 
Das zeigt auf, dass ein betagter Senior in Flandern anders behandelt wird, als ein Senior in der Wallonie oder ein Senior in Brüssel. 
Trotz der unterschiedlichen maximal zulässigen Einkünfte bekommen alle den Sozialtarif auf Strom und Gas. 
In Ostbelgien sehen wir, anders als im Inland, aktuell keine Prüfung der Einkünfte vor. 
Wir waren der Meinung, dass der Pflegebedarf der Senioren im Vordergrund steht und nicht das Einkommen. 
Das alte System erreichte früher große Teile der Mittelschicht nicht. Wer arbeiten ging, wurde später bestraft, obschon er Pflegebedarf hatte. 
Die Abschaffung der Einkommensüberprüfung hat zudem zu einer Verwaltungsvereinfachung, sprich zu weniger Bürokratie, für die Bürger gesorgt. 
Weder beim Kindergeld noch bei den Energieprämien und auch nicht bei der Studienbeihilfe DUO werden Einkommen in der DG überprüft. 
Das gilt auch für den Platz in einem Wohn- und Pflegezentrum. 
Wenn wir über die Pflegegeldempfänger sprechen, so sprechen wir über ein betagtes Publikum mit einem hohen Unterstützungsbedarf und hohe Kosten. 
Im Schnitt beziehen die Senioren 5 bis 6 Jahre Pflegegeld, eh sie versterben. 
82,5 % der Empfänger sind über 75 Jahre alt. Der Großteil dieser Senioren benötigen einige oder mehrere Hilfen und Dienste, um überhaupt noch ihren Alltag meistern zu können. 
Zieht man die Bezieher ab, die in Wohn- und Pflegezentren leben, dann kommen wir an knapp 1400 Personen, die den Sozialtarif auf Strom- und Gas erhalten. 
Im Vergleich zu der Zahl der Bezieher vor der Reform reden wir schlussendlich über ca. 400 Personen. 
Beschwerden zu dieser Handhabung gab es nur, insofern die Senioren aus verschiedensten Gründen NICHT in den Genuss des Sozialtarifs kommen konnten. 
Bei den meisten hat es sich um technische Schwierigkeiten gehandelt, die behoben werden konnten. 
Der Sozialtarif wird vom Föderalstaat gewährt. Den zuständigen Behörden hatten wir unsere Regelung vor der Verabschiedung im Parlament in Deutsch und Französisch übermittelt. Es gab hierzu keine Bemerkungen. 
Der Sozialtarif wird über eine Steuer auf den Umsatz der Energiekonzerne finanziert. 
Ich erinnere daran, dass das Parlament vor wenigen Monaten die Regierung DG aufgefordert hatte, bei der Föderalregierung zu intervenieren, um u.a. die Ausweitung des Kreises der Nutznießer des Sozialtarifs für Strom und Gas zu prüfen. 
Aus der Diskussion in unserem Parlament kam hervor, dass Energie teuer ist und mehr Menschen unterstützt werden sollten.
Wenn man im Parlament der Meinung ist, dass diese ca. 400 Personen oder weitere den Tarif nicht erhalten sollten, dann sollten wir im Ausschuss über Alternativen austauschen. 
Wenn man außerdem der Meinung ist, dass das Einkommen wieder eine Rolle spielen sollte – denn anders wird es nicht möglich sein, bestimmte Zielgruppen zu identifizieren – dann sollten wir auch darüber austauschen. Die Regierung versperrt sich nicht einer Diskussion.“ 

Es ist aber wichtig, über Fakten und Lösungswege auszutauschen. 

3.) Für die Deutschsprachige Gemeinschaft entstehen dadurch keinerlei Mehrkosten. 

4.) Auf Nachfrage erklärte uns das zuständige föderale Kabinett, dass der Sozialtarif über eine Steuer auf den Umsatz der Energiekonzerne finanziert wird. 
Siehe hierzu auch die Antwort auf die Frage 2.

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