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Fragen und Antworten

Mündliche Frage Nr. 1622

11. März 2024 – Frage von F. Mockel an Minister Antoniadis zu ungünstig situiertem Bauland

Inwiefern gibt es auch in der DG Bemühungen, das noch zur Verfügung stehende Bauland nach günstigen oder ungünstigen Standorten zu evaluieren?

Die nachfolgend veröffentlichte Frage und die Antwort entsprechen den hinterlegten Originalfassungen. Die endgültige Version ist im Bulletin für Interpellationen und Fragen (BIF) veröffentlicht. 
 
Frage von Freddy Mockel (Ecolo):
 
Die flämische Tageszeitung De Standard berichtete in ihrer Online-Ausgabe am 26. Februar über eine Studie, die das flämische Umweltministerium in Auftrag gegeben hatte. Nach dem Kredo “mit weniger Fläche mehr erreichen” vermittelt der Bericht, dass von den 42.000 Ha Bauland, die in Flandern noch zur Verfügung stehen, 28.000 Ha besser nicht bebaut werden sollten. Drei Viertel seien nicht erstrebenswert erschlossen zu werden. Die angeführten Gründe sind folgende: die genannten Flächen liegen außerhalb bestehender Siedlungsräume oder Industriezonen, oder weit entfernt von Wohnzentren, Schulen oder Geschäften. Letztes Jahr hat die flämische Regierung 10.000 dieser verbleibenden 42.000 Ha unter eine sprichwörtliche “Glasglocke” gestellt. Dort darf nur noch mit kommunaler Ausnahme gebaut werden. Des Weiteren hat sich die Region für ein Netto-Null Flächenverbrauch bis 2040 ausgesprochen und will die weitere Zersiedelung des Raums eindämmen. Die Studie hat auch ermittelt, dass ca. 5000 ha an Bauland zurückgehalten werden - aus Spekulation oder familiären Gründen. 
In der DG ist die Situation noch nicht so angespannt, doch auch bei uns ist es prinzipiell nicht anders: Baufläche ist extrem kostbar und der Boden ist eine endliche Ressource, die es über Generationen hinweg nachhaltig zu erhalten gilt. 
Schaut man sich auf WalOnMap, die noch nicht versiegelten bebaubaren Flächen in der DG an, dann fällt einem vielerorts direkt die mögliche weitere Zerseidlung auf. 
 
Angesichts dieser Entwicklungen bei unseren nördlichen Nachbarn habe ich folgende Fragen an Sie, Herr Minister Antoniadis:
1. Inwiefern gibt es auch in der DG Bemühungen, das noch zur Verfügung stehende Bauland nach günstigen oder ungünstigen Standorten zu evaluieren? 
2. Welche Kriterien würden Sie dafür festhalten? 
3. Wie stehen Sie zu der Möglichkeit, die Bebauung auf ungünstigem Bauland zu verzögern? 
 
 
Antwort von Antonios Antoniadis (SP), Minister für Raumordnung, Wohnungswesen und Energie:
 
Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass Bauland in Flandern knapp ist. Das ist in der Deutschsprachigen Gemeinschaft noch anders. Das bedeutet dennoch nicht, dass wir uns keine Gedanken darüber machen sollten, wie die verfügbaren Flächen genutzt werden. 
 
Die EU-Kommission verfolgt das Ziel des Null-Netto-Flächenverbrauchs bis zum Jahr 2050.
Belgien ist föderal aufgebaut. Es sind die Regionen, die den Fahrplan bis zum Jahr 2050 gestalten. Das gilt somit auch für die Deutschsprachige Gemeinschaft. Für uns ist die Thematik nicht neu. 
Wir haben für die Phase 3 der Reform die Erarbeitung eines Fachgutachtens für eine Raumstrategie in Auftrag gegeben. Dieses Fachgutachten liegt allen sechs Fraktionen vor. Teile davon wurden in der Plenarsitzung vom 26. Februar debattiert.
 
Die Fachleute gehen im Gutachten auf das Null-Netto-Flächenverbrauch-Ziel ein und beschreiben mehrere Instrumente, die dabei helfen können, dieses Ziel zu erreichen. Wie dieser Weg aussehen könnte - das habe ich schon mitgeteilt - ist eine Aufgabe für die nächste Regierung, das nächste Parlament und die nächsten Gemeindekollegien und Gemeinderäte. Zum Ende der Legislaturperiode fehlt die politische Legitimität und die Zeit, um eine so tiefgreifende Entscheidung zu treffen. 
 
Meiner Meinung nach müssen wir uns intensiv die Zeit nehmen, um eine Raumstrategie mit einem möglichst breiten Konsens zu beschließen. Es steht nämlich sehr viel auf dem Spiel. Es geht einerseits um die Verantwortung gegenüber der Natur und dem Klima. Das steht außer Frage. Es geht aber auch um die Verantwortung gegenüber unserer Bevölkerung, die auch morgen die Möglichkeit haben muss, bezahlbar zu wohnen und wettbewerbsfähig zu wirtschaften. 
 
Was in Flandern aus der Not der knappen Bauflächen heraus beschlossen wurde, ist nichts anderes als die Entscheidung des Parlaments den Gemeinden die Erteilung von Baugenehmigungen außerhalb von bestehenden Siedlungsräumen und Industriezonen zu verbieten. Neubauten gibt’s dann nur als Ausnahme.
 
Wenn man das auf die DG überträgt, dann müsste das Parlament per Dekret für die neun Gemeinden den weiteren Neubau außerhalb von Dorfzentren und von relevanter Infrastruktur verbieten. Nichts anderes verbirgt sich hinter den Begriffen „günstiges“ oder „ungünstiges“ Bauland. Hier geht es also nicht um eine harmlose Frage. Hier geht’s um den Frieden innerhalb von Familien und um Existenzen von Betrieben.
 
Vorsicht ist das Gebot der Stunde und keine Politik mit der Brechstange! Ich kann der nächsten Regierung deshalb nur anraten, in Absprache mit dem Parlament und den Gemeinden den Fahrplan und die Methode für dieses Vorhaben abzustimmen und ausgewogen vorzugehen. 
 
 
 
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