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Fragen und Antworten

Schriftliche Frage Nr. 412

28. Februar 2024 – Frage von M. Balter an Herrn Minister Antoniadis zum Kindergeld in der DG

Wie viele Grenzgänger erhalten Kindergeld aus dem Ausland und für wie viele Kinder? Falls das im Ausland erhaltene Kindergeld unter dem der DG liegt, in welcher Höhe tätigt die DG Ausgleichszahlungen an diese betroffenen Familien? Bitte fügen Sie eine Tabelle mit den Zahlen pro Land an.

Die nachfolgend veröffentlichte Frage und die Antwort entsprechen den hinterlegten Originalfassungen. Die endgültige Version ist im Bulletin für Interpellationen und Fragen (BIF) veröffentlicht. 

Frage von Michael Balter (Vivant) vom 18. Januar 2024:

Seit 2019 fällt die Zahlung des Kindergeldes in die Zuständigkeit der DG. 
Im Dekret über die Familienleistungen war das Budget auf knapp 36.615.000 EUR für das Jahr 2019 festgelegt worden. Damals erhielten lt. www.ostbelgienstatistik.be 14.892 Kin-der Kindergeld in der DG. 
Ferner ist der Webseite zu entnehmen, dass im Jahr 2022 der Betrag von 39.235.088,81 EUR an Kindergeld für 15.522 Kinder (inkl. Zuschläge für kinderreiche Familien, Sozialzuschlag, Beeinträchtigung, Halb- und Vollwaisenzuschlag) ausgezahlt wurde.
Die Zahlen für das vergangene Jahr 2023 wurden bisher nicht veröffentlicht, aber ab Juli 2023 seien die Familienleistungen um gut 10% auf 181 EUR (Basiskindergeld pro Monat) erhöht worden, wie Sie in einer Pressemitteilung (25.05.2023) verlauten lassen: „Er-höhung der Familienleistungen stärkt die Kaufkraft. [...] Die Regierung nutzt damit ihre Möglichkeit der jährlichen Angleichung der Familienleistungen an den Verbraucherpreisindex sowie an 25% des realen Wachstums des Bruttoinlandprodukts pro Einwohner.“ 
In einer weiteren Pressemitteilung (07.06.2023) schreiben Sie: „Seitdem wir als Deutsch-sprachige Gemeinschaft für das Kindergeld zuständig sind und eigenverantwortlich handeln können, sprich seit 2019, haben wir den Basisbetrag bis heute bereits um 15,48% erhöht.“ 
Es wird von Ihnen so dargestellt, als sei die "Erhöhung" des Kindergeldes ein Verdienst der Regierung, die Ihre "Möglichkeiten" ausschöpft. Wir stellen fest, dass dies eine sehr irreführende Aussage Ihrerseits ist, denn u.a. auf www.ostbelgienfamilie.be ist für jedermann nachzulesen, dass die Familienleistungen seit 2020 "jedes Jahr im Monat Juli an die Entwicklung des Verbraucherpreises und des Wirtschaftswachstums angepasst [werden]. Das ist gesetzlich so festgelegt." 
Es wird also per Dekret eine jährliche Angleichung an den Verbraucherpreisindex sowie an 25 % des realen Wachstums des Bruttoinlandprodukts pro Einwohner vorgenommen. 
Hierzu möchten wir außerdem anmerken, dass die Indexierung in Belgien generell nicht als eine Erhöhung sondern als ein Kaufkraftausgleich angesehen wird und es daher umso befremdlicher klingt, wenn ein SP-Minister dies als Erhöhung darstellen möchte. 
Ihr Kollege, Herr Ministerpräsident Oliver Paasch, hatte in seiner Regierungserklärung vom 18.09.2023 noch betont, die DG sei die einzige Gemeinschaft, die mehr Kindergeld auszahle als sie dafür vom Föderalstaat bekomme – lt. Ihrer eigenen Aussage seien dies fast 1,4 Millionen Euro mehr. 
Anzumerken ist hier, dass viele in der DG wohnhafte Berufspendler ihr Kindergeld aus dem Ausland beziehen: Wenn beide Eltern im Ausland arbeiten, beziehen sie von dort das Kindergeld. Arbeitet ein Elternteil im Ausland und ist das Kindergeld dort höher als in Belgien, erhält er zwar das Basiskindergeld aus Belgien, jedoch den Differenzbetrag aus dem Ausland.
Allerdings ist die Anzahl Kinder und Jugendlicher, deren Kindergeld aufgrund der Arbeitsstelle ihrer Eltern aus dem benachbarten Ausland bezahlt wird, nicht deutlich, da dies in keiner Statistik auftaucht.
Kindergeld aus dem Ausland ist jedoch für die DG grundsätzlich als positiv zu bewerten, weil auf diese Weise die Kaufkraft in der DG erhöht und gleichzeitig der Haushalt der DG entlastet wird, insofern – wie oben angemerkt – beide Elternteile direkt im Ausland arbeiten. Insbesondere in Deutschland und Luxemburg wird ein weitaus höheres Kindergeld gezahlt als in der DG. 
Um die Kaufkraft der ostbelgischen Bevölkerung zu evaluieren, ist es sicherlich für Sie als Sozialminister dienlich über Informationen zu verfügen, welche Zahlungen die ostbelgischen Familien aus welcher Quelle erhalten und wie hoch diese Summen sind. 
Und als Regierung sind Sie sicherlich befugt und haben eben ein entsprechendes Interesse daran, diese Informationen zu erhalten – uns bleiben diese verwehrt; u.a. deshalb diese Frage. 
Allerdings wird umgekehrt auch Kindergeld von Belgien ins Ausland überwiesen: auf föderaler Ebene waren dies im Jahr 2014 gut 100 Millionen EUR jährlich, 2015 106 Millionen EUR und 2018 bereits 121 Millionen EUR. Neuere Zahlen sind leider nicht verfüg-bar, aber die Summe wird in den vergangenen Jahren schätzungsweise entweder weiter angestiegen sein oder doch zumindest auf diesem hohen Niveau geblieben sein. 
Wie auf www.ostbelgienfamilie.be erklärt wird, erhält nämlich ein Arbeitnehmer, der seine Sozialbeiträge in Belgien bezahlt, das belgische Kindergeld unabhängig vom Land seines Wohnsitzes. 
Die DG ist aufgrund der Einpendler aus dem benachbarten Ausland hiervon ebenfalls betroffen. Den Umfang dessen möchten wir in einer der folgenden Fragen auch gerne er-örtern. 

Unsere Fragen an Sie lauten wie folgt: 
1. Wie viele Grenzgänger erhalten Kindergeld aus dem Ausland und für wie viele Kinder? Falls das im Ausland erhaltene Kindergeld unter dem der DG liegt, in welcher Höhe tätigt die DG Ausgleichszahlungen an diese betroffenen Familien? Bitte fügen Sie eine Tabelle mit den Zahlen pro Land an. 
2. Wie viele Familien mit Grenzgängern erhalten einen Ausgleich von Luxemburg und von Deutschland und wie hoch sind die Summen und die Anzahl der Kinder? 
3. Wie viel Kindergeld wird jährlich von der DG ins Ausland überwiesen? Bitte eine Aufstellung anfügen mit der Anzahl Kinder und der Länder. 
4. Die DG-Regierung behauptet, 1,4 Millionen EUR mehr Kindergeld auszuzahlen, als sie dafür vom Föderalstaat erhält. Ist diese Summe noch aktuell? Bitte stellen Sie uns auch eine Auflistung der Gelder, die die DG vom Föderalstaat für das Kindergeld erhalten hat, zur Verfügung, seit 2019 bis heute und welche ausgezahlt wurden. 
5. Sie sagen bzw. die SP wirbt mit der Aussage, dass das Kindergeld seit 2019 um 15% erhöht wurde. Da dies jedoch im Kontext und in Belgien generell – insbesondere in Ihrer Partei – nicht als eine Erhöhung, sondern als ein Kaufkraftausgleich angesehen wird, bitten wir Sie zu erklären, wieso Sie diese Aussage getroffen haben und von einer "Er-höhung" sprechen. Ist dies nicht irreführend? 
6. Und stellt für Sie die Indexierung eine Erhöhung oder einen Kaufkraftausgleich dar? 


Antwort von Antonios Antoniadis (SP), Minister für Gesundheit und Soziales:

1.) & 2.) Angaben über durch das Ausland gezahlte Kindergeld können nur die ausländischen Behörden machen. Wir haben hierzu die Behörden in der Bundesrepublik Deutsch-land und im Großherzogtum Luxemburg kontaktiert.
Die luxemburgische Zukunftskeess teilte uns folgende Zahlen aus dem Jahr 2023 für Kinder mit Wohnsitz in der Deutschsprachigen Gemeinschaft mit:
• Vorrangiges luxemburgisches Kindergeld: 4.609.797 EUR an 1211 Empfänger
• Nachrangiges luxemburgisches Kindergeld (Differenzzahlung): 3.155.866 EUR an 1812 Empfänger
• Drei-Staaten-Fälle: 275 619 EUR an 86 Empfänger
Die deutsche Familienkasse informierte uns, dass sie keine Angaben zu Akten aus der Deutschsprachigen Gemeinschaft machen kann und nur über belgienweite Zahlen verfügt.
Darüber hinaus lässt sich sagen, dass im Dezember 2022 12.622 Kinder von 0-17 Jahre Anrecht auf Kindergeld der Deutschsprachigen Gemeinschaft hatten, während 15.726 Kin-der von 0-17 Jahre in der Deutschsprachigen Gemeinschaft lebten. Die Differenz muss durch den Erhalt von Kindergeld aus dem Ausland erklärt werden.
Darüber hinaus hatten 2833 Kinder von 18-24 Jahre Anrecht auf Kindergeld, während 6077 Kinder von 18-24 Jahre in der Deutschsprachigen Gemeinschaft lebten. In dieser Altersgruppe kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass die Differenz durch ausländisches Kindergeld zu erklären ist, da diese Kinder Ausbildungsbedingungen erfüllen müssen, d.h. die Kinder nicht unbedingt Anrecht auf Kindergeld haben.
In Bezug auf die Ausgleichszahlungen (Differenzkindergeld) wurde für das Jahr 2023 und für Kinder mit Wohnsitz in der Deutschsprachigen Gemeinschaft Differenzkindergeld gezahlt, das sich wie folgt auf die vorrangigen Staaten verteilt:

3.) Für das Jahr 2023 wurde Kindergeld für Kinder mit Wohnsitz im Ausland gezahlt, das sich wie folgt auf die Wohnsitzstaaten der Kinder verteilt:

4.) Alle Einnahmen der Deutschsprachigen Gemeinschaft stehen für alle Ausgaben. Die Deutschsprachige Gemeinschaft erhält vom Föderalstaat keine zweckgebundene Dotation im Bereich der Familienleistungen. Sie erhält also keine Dotation für die Familienleistun-gen, sondern aufgrund der Zuständigkeit für die Familienleistungen. Außerdem befinden wir uns weiterhin im Übergangszeitraum, in dem die Dotation aufgrund der sechsten Staatsreform noch teilweise reduziert wird.

Die Dotationen 2023 und 2024 sind noch nicht definitiv. Es kann noch zu Korrekturen kommen. Die Ausgaben 2024 sind die im Ursprungshaushalt festgehaltenen Zahlen. 
Bei den Ausgaben ist zu beachten, dass ausschließlich die Familienleistungen berücksichtigt werden. Die Verwaltungskosten (Personal, IT, Infrastruktur, …) für die Familienleistungen, die berücksichtigt wurden, um die Höhe der Dotationen festzulegen, werden innerhalb des Ministeriums nicht getrennt ausgewiesen und können für diesen Vergleich somit nicht berücksichtigt werden. 

5.) & 6.) Die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft hat aufgrund der Kindergeldreform das Kindergeld im Vergleich zum im Jahr 2019 eingeführten Betrag um 15,47 % erhöht. 
Bei Einführung des neuen Systems der Familienleistungen im Januar 2019 betrug das Basiskindergeld 157,00 EUR pro Monat. Seit Juli 2023 beträgt das Basiskindergeld 181,30 EUR. Das Basiskindergeld ist also um 15,47 % gestiegen. Die anderen Familienleistungen sind um denselben Prozentsatz gestiegen.
Diese 15,47 % setzen sich zusammen aus: 
• einer Anpassung von 14,73 % aufgrund der Inflationsrate; 
• einer Anpassung von 0,64 % aufgrund von 25 % des realen Wachstums des Bruttoinlandprodukts pro Einwohner. 

Das Kindergeld ist in Ostbelgien nicht nur an die Inflationsrate gebunden, sondern auch an 25 % des realen Wirtschaftswachstums. 
Selbst ein Ausgleich eines Kaufkraftverlustes erfolgt durch eine Erhöhung des ausgezahlten Betrags. Das Budget für das Kindergeld musste aufgrund des von der Regierung eingeführten Mechanismus erhöht werden. Die Regierung hat in der Vergangenheit darüber in-formiert, dass die Anpassung vordergründig dem Ausgleich des Kaufkraftverlustes entspricht. 
Die flämische Regierung hat hingegen den Index in der Vergangenheit ausgesetzt.

 

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