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Fragen und Antworten

Mündliche Frage Nr. 1604

22. Februar 2024 – Frage von A. Jerusalem an Ministerin KLINKENBERG zum Thema „Politisches Handeln in Folge der VERA-3 und PISA Ergebnisse“

Was geschieht konkret, ausgehend von den Resultaten der Vera-3- und der PISA- Studie?

Die nachfolgend veröffentlichte Frage und die Antwort entsprechen den hinterlegten Originalfassungen. Die endgültige Version ist im Bulletin für Interpellationen und Fragen (BIF) veröffentlicht. 
 
Frage von Andreas Jerusalem (Ecolo):
 
Die Pisa Studie, die am 5. Dezember veröffentlicht wurde, hat gezeigt, dass rund ein Viertel  (24,9 %) der Jugendlichen in Ostbelgien im Lesen lediglich die Kompetenzstufe 1 erreicht hat. Jugendliche auf dieser Kompetenzstufe sind kaum in der Lage, Texte sinnentnehmend zu lesen.
 
Natürlich ist es sinnvoll, das Bildungsniveau unserer Schüler und Schülerinnen immer wieder in den Blick zu nehmen. Noch wichtiger ist allerdings, diese Erkenntnisse konstruktiv zu nutzen und auch politische Maßnahmen abzuleiten, die die Probleme an den Wurzeln packen. 
 
In Bezug auf die Lesekompetenz unserer Schüler und Schülerinnen hat die Autonome Hochschule eine Weiterbildung angeboten, die wir hier hervorheben wollen. Schulteams konnten sich hierbei über die erreichten Ergebnisse ihrer Schüler im Rahmen des VERA-3 Test informieren. Im Anschluss hatten die Lehrpersonen/Schulleitungen die Möglichkeit, sich mit der Fachgruppe Deutsch der Autonomen Hochschule Ostbelgien auszutauschen und eine mögliche Weiterarbeit zu planen. Das Angebot für die Weiterarbeit besteht darin, Stärken und Schwächen zu identifizieren, eventuell Ursachen zu ergründen und Maßnahmen zur Stärkung der Lesekompetenz zu planen und auf Wunsch gemeinsam umzusetzen. 
 
Hierzu nun unsere Fragen, Frau Ministerin: 
1. Wie viele unterschiedliche Schulen nahmen die beschriebenen Angebote wahr?
2. Was geschieht konkret, ausgehend von den Resultaten der Vera-3- und der PISA- Studie? 
3. Welche politischen Schritte verfolgt die Regierung, um die Lesekompetenz unserer Schüler und Schülerinnen zu stärken?
 
 
Antwort von Lydia Klinkenberg (ProDG), Ministerin für Unterricht, Ausbildung, Kinderbetreuung und Erwachsenenbildung:
 
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
 
nachhaltige Leseförderung geht über vereinzelte punktuelle Unterstützungsangebote hinaus. Es braucht schulinterne, fachdidaktische und evidenzbasierte Förderkonzepte, die bei der individuellen Leseleistung (Diagnose) ansetzen und alle Dimensionen der Leseförderung berücksichtigen: die kognitiven Aspekte (Lesetechnik, Leseflüssigkeit und Lesestrategien), die motivationalen Aspekte (Lesemotivation, Leseinteresse) und die sozialen Aspekte (Lesekommunikation).  Dazu braucht es eine Kooperation vom Kindergarten bis zur Sekundarschule.
 
Wesentlich bei der Ausarbeitung jeglicher Maßnahmen sind die Zielorientierung und Überprüfung sowie die Verankerung im Schulcurriculum und im Schulentwicklungsplan.
 
Die Deutschsprachige Gemeinschaft lag bei der letzten PISA Testung im Lesen knapp im OECD-Durchschnitt. 45,9 % der Schüler und Schülerinnen liegen laut der letzten PISA Testung mindestens bei Kompetenzstufe 3, wobei Mädchen durchschnittlich eine höhere Punktzahl erreichen als Jungen.
 
An der besagten Weiterbildung der AHS im Oktober 2023 haben insgesamt 24 Personen aus 12 Schulen teilgenommen. Nach der Weiterbildung hat die Fachgruppe Deutsch auf Anfrage 2 schulinterne Weiterbildungen gegeben. Hierbei handelt es sich um ein Schulzentrum mit 3 Niederlassungen und eine Schule. Eine Schule wird weiterhin von der Fachgruppe Deutsch begleitet, eine weitere hat bei der Fachgruppe Deutsch Unterlagen angefragt. 
 
Des Weiteren hat die Fachgruppe Deutsch im Anschluss an die Veranstaltung im Oktober 2023 auf Anfrage eine schulinterne Weiterbildung zum Thema Lesekompetenz gegeben.
 
Mit den Ergebnissen internationaler Vergleichsstudien wie VERA und PISA setzen sich die Fachberatungen Deutsch Primar und Sekundar, die Schulentwicklungsberatung, die externe Evaluation und die Weiterbildung an der AHS auseinander, um ihre Angebote am Bedarf auszurichten.
Den Schulen werden die Resultate in Informations- und Weiterbildungsveranstaltungen vorgestellt. Gleichzeitig wird den Schulen Unterstützung in Form von schulinternen Weiterbildungen oder die Begleitung durch die Fachberatungen angeboten. Die Ergebnisse von VERA-3 und von PISA fließen selbstverständlich auch in die Unterrichte der Erstausbildung an der AHS ein.
 
Die Regierung hat mit Besorgnis die sinkenden Lesekompetenzen der Schüler und Schülerinnen Ostbelgiens zur Kenntnis genommen und einen Fördermaßnahmenkatalog in Auftrag gegeben. Vor diesem Hintergrund arbeiten AHS, Fachbereich Pädagogik sowie die Fachberatungen Deutsch eng an einem für Schulen umsetzbaren Konzeptentwurf zur Leseförderung. Im Vordergrund stehen hierbei sowohl die Förderung des Leseflusses, die Steigerung der Lesemotivation, das sinnentnehmende Lesen, das Interpretieren von Texten sowie das Reflektieren und Bewerten des Gelesenen. Weiter stehen auch die Diagnosefähigkeit und das Ergreifen passender Fördermaßnahmen seitens der Lehrkräfte im Fokus geplanter Weiterbildungen. Hierbei wird auch angestrebt, den Lehrenden der Primar- und Sekundarschulen verstärkt Fördermaterialien an die Hand zu geben. 
 
Seit dem Schuljahr 2023-2024 können die Sekundarschullehrer auf die Fachberatung Deutsch für die Sekundarschule zurückgreifen, die den Deutschlehrern der Sekundarschule mit Rat und Tat zur Seite steht und passgenaue Angebote für die Fachteams unterbreiten kann.
 
In Anlehnung an die Entwicklung in anderen deutschsprachigen Staaten und Teilstaaten befasst sich die Regierung mit der Förderung der basalen Kompetenzen. Hier wird in Betracht gezogen, das Zeitkontingent für das Fach Deutsch sowie für das Fach Mathematik in der Primarschule auszudehnen. Ein zentraler Aspekt ist hierbei auch die Auseinandersetzung mit der Rolle der basalen Kompetenzen als Aufgabe aller Schulfächer. In diesem Zusammenhang wurde bei der OECD eine pädagogische Studie in Auftrag gegeben, die weitere Erkenntnisse hinsichtlich der Kompetenzförderung liefern soll.  
 
Eine flächendeckende evidenzbasierte Lernstandsdiagnostik der Schülerkompetenzen im Vorfeld jeglicher Fördermaßnahmen wird ebenfalls angestrebt. Dazu bedarf es passgenauer und in Schulen nutzbarer Messinstrumente sowie Schulungen im Umgang mit diesen. 
 
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
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