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Fragen und Antworten

Mündliche Frage Nr. 1603

22. Februar 2024 – Frage von A. Jerusalem an Ministerin KLINKENBERG zu Personal ohne adäquate Diplomierung

Hat ein Personalmitglied Anrecht auf eine Ernennung in einem Amt, für welches es nicht die erforderlichen Diplome vorweisen kann? (bspw. im Amt des Primarschullehrers ohne Diplom als Primarschullerer, im Amt des Logopäden ohne Abschluss eines Logopädie-studiums, usw.)

Die nachfolgend veröffentlichte Frage und die Antwort entsprechen den hinterlegten Originalfassungen. Die endgültige Version ist im Bulletin für Interpellationen und Fragen (BIF) veröffentlicht. 
 
Frage von Andreas Jerusalem (Ecolo):
 
Der Lehrermangel bringt aktuelle Herausforderungen mit sich, aber auch Herausforderungen, die zukünftig anzupacken sind, über die wir uns aktuell aber schon Gedanken machen sollten. 
Dadurch, dass Schulen händeringend nach Personal suchen, ist es aktuell oft so, dass auch Menschen ganz ohne oder ohne passende Qualifizierung ins Unterrichtswesen gelangen und dort auch erst einmal längerfristig arbeiten.
Es gibt durchaus Leute, die engagiert an die Arbeit gehen, jeden Tag ihr Bestes geben und eine wertvolle Unterstützung für die Schule sind. Dennoch sollten wir auch im Auge haben, dass diese Tatsache nicht “automatisch” zutrifft. Unsere politische Aufgabe ist es, die dekretale Gesetzgebung so zu gestalten, dass die Qualität im Bildungswesen hoch bleibt und sich im besten Fall sogar steigert. 
Dafür braucht es ausgebildetes Personal. Wir brauchen Experten, die wissen, was sie tun. Der Lehrerberuf ist viel zu komplex und vielschichtig, um ihn einfach aus dem Bauch heraus gut zu machen. Dafür braucht es mehr. 
Wir sollten uns aus diesen Gründen auf politischer Ebene damit befassen, welche Möglichkeiten, Chancen aber auch Grenzen Personal im Bildungswesen hat, das ohne Qualifikation mit den Kindern arbeitet. 
 
Daher unsere Fragen an Sie, Frau Ministerin: 
1. Hat ein Personalmitglied Anrecht auf eine Ernennung in einem Amt, für welches es nicht die erforderlichen Diplome vorweisen kann? (bspw. im Amt des Primarschullehrers ohne Diplom als Primarschullerer, im Amt des Logopäden ohne Abschluss eines Logopädie-studiums, usw.) 
2. Welche Rolle spielt in der Ernennungssituation das Alter des Personalmitglieds? 
3. Muss ein Personalmitglied, welches eine Stelle ohne passendes Diplom besetzt, diese Stelle unter allen Umständen frei machen, wenn sich eine Person mit entsprechendem Diplom auf diese Stelle bewirbt? 
 
 
Antwort von Lydia Klinkenberg (ProDG), Ministerin für Unterricht, Ausbildung, Kinderbetreuung und Erwachsenenbildung:
 
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
 
ein Personalmitglied kann ernannt werden, wenn es die im Statut vorgesehenen Ernennungsbedingungen erfüllt. Im Hinblick auf die durch die vorliegende Fragestellung aufgeworfene Thematik der Qualifizierung muss das Personalmitglied den Anforderungen des erforderlichen oder des als ausreichend erachteten Titels für das betreffende Amt genügen und demnach die Diplom- bzw. Qualifizierungsbedingungen erfüllen. 
Anderenfalls muss es sich dienstrechtlich über das Abweichungsverfahren dienstrechtlich in Ordnung gebracht haben, insofern diese Möglichkeit für das betreffende Amt besteht. 
Ein Primarschullehrer, der nicht über das Diplom des Primarschullehrers verfügt, kann sich nicht über eine dreijährige Abweichung und den Erwerb einer Lehrbefähigung in Ordnung bringen, sondern muss die Lehrergrundausbildung zum Primarschullehrer, ein Brückenstudium oder ein Brückenstudium+ absolviert haben. Das Abweichungsverfahren betrifft vorwiegend die Lehrämter des Sekundarschulwesens oder auch andere Personalkategorien wie beispielsweise das Erziehungshilfs-personal.
 
Für eine Ernennung in einem Anwerbungsamt spielt das Alter keine Rolle, wohingegen eine Ernennung in einem Auswahl- oder Beförderungsamt erst ab dem Alter von 45 Jahren möglich ist.
 
Ein Personalmitglied ohne erforderlichen oder für ausreichend erachteten Titel, das im Falle von Lehrermangel zu Beginn des Schuljahres bezeichnet oder eingestellt wird, läuft keine Gefahr, im Laufe desselben Schuljahres während der laufenden Bezeichnung von einem Titelinhaber verdrängt zu werden, der plötzlich auf den Plan tritt.
Im Folgejahr kann es im Rahmen des jährlichen Bewerbungsprozesses allerdings vorkommen, dass ausreichend Titelinhaber auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, die sich in Form und Frist beim selben Schulträger beworben haben. In diesem Fall ist der Träger dazu verpflichtet, prioritär diesen Kandidaten eine Stelle anzubieten, wodurch ein Personalmitglied im Abweichungsverfahren ggf. die Stelle verlieren kann.
 
Ein ausgebildeter Lehrer hat folglich bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt und genießt nach einer Bezeichnung oder Einstellung ebenfalls eine wesentlich höhere Stellensicherheit. Diese Vorteile sind wichtige Merkmale der Attraktivität des Lehrerberufs und der Qualitätssicherung im Bildungswesen.
 
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
 
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