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Fragen und Antworten

Mündliche Frage Nr. 1600

21. Februar 2024 – Frage von I. Voss-Werding an Minister Antoniadis zur Kinderarmut

Wie sieht der aktuelle Plan der Deutschsprachigen Gemeinschaft zur Bekämpfung der Kinderarmut aus?

Die nachfolgend veröffentlichte Frage und die Antwort entsprechen den hinterlegten Originalfassungen. Die endgültige Version ist im Bulletin für Interpellationen und Fragen (BIF) veröffentlicht. 
 
Frage von Inga Voss-Werding (Ecolo):
 
In einem Artikel aus dem Jahr 2017 beschreibt Kaleido die Auswirkungen von Kinderarmut folgendermaßen: "Wenn Familien arm sind, haben besonders die Kinder darunter zu leiden, denn es fehlt an Geld für Essen, Kleidung und Spielsachen. Kinderarmut hat viele Facetten. Sie bezieht sich nicht nur auf materielle Dinge, sondern auch auf Bereiche wie Bildung, Kultur und Gesundheit". Bo Viktor Nylund, Leiter des Innocenti-Büros von UNICEF, erklärt: "Für die meisten Kinder bedeutet dies, dass sie Gefahr laufen, ohne ausgeglichene Ernährung, Kleidung, Schulmaterial oder einen warmen Ort, an dem sie sich zu Hause fühlen können, aufzuwachsen".
 
Ein aktueller Unicef-Bericht von 2023 berichtet, dass Belgien eine der höchsten Kinderarmutsraten in Europa hat (11,9% in Belgien und 16,2% in der Wallonischen Region). Ein Bericht der König-Baudouin-Stiftung zu Kinderarmut von 2023 spricht von 12,8%. Ein leichter Rückgang seit 2020 (18,3%) konnte laut der Quellen von Unicef dank einer auf die am stärksten gefährdeten Familien ausgerichteten Sozialpolitik erreicht werden. Belgien zeigt damit, dass eine starke Politik, die Familien unterstützt, einen Unterschied macht und das Wohlergehen jedes Kindes in Belgien sichern kann.
 
Um Ungleichheiten weiter abzubauen, empfiehlt der Unicef-Bericht daher, die soziale Sicherheit auszubauen und sicherzustellen, dass alle Menschen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Kinderbetreuung und kostenloser Bildung haben. Aber auch Beschäftigungsmöglichkeiten mit angemessener Bezahlung und familienfreundlichen Maßnahmen wie bezahltem Elternurlaub zu schaffen und schließlich Maßnahmen zu ergreifen, die auf die besonderen Bedürfnisse von Minderheiten, Alleinerziehenden und Randgruppen ausgerichtet sind.
 
Dazu unsere Fragen: 
1. Wie sieht der aktuelle Plan der Deutschsprachigen Gemeinschaft zur Bekämpfung der Kinderarmut aus?
2. Armut hat direkte Auswirkungen auf die mentale Gesundheit. Wie gestaltet das neue Dekret zur mentalen Gesundheit die Aussichten auf eine bessere Versorgung für Heranwachsende und ihre Bezugspersonen?
3. Ein zentrales Element bei der Bekämpfung von Kinderarmut ist der kostenlose Zugang für Familien zu Bildung und Gesundheitsdiensten. Wie schätzen Sie die Lage in der DG ein in Bezug auf den Zugang zu Gesundheitsdiensten durch Familien, die an oder unter der Armutsgrenze leben?
 
 
Antwort von Antonios Antoniadis (SP), Minister für Gesundheit und Soziales:
 
Der aktuelle Plan der Deutschsprachigen Gemeinschaft ist gleichzeitig auch der nationale Aktionsplan unseres Landes. 
 
Der gemeinsame Plan aller Regierungsebenen legt im Rahmen der im März 2021 verabschiedeten Europäischen Garantie für Kinder das belgische Ziel fest, bis 2030 die Zahl der von Armut betroffenen Kinder in unserem Land um mindestens 93.000 zu senken.
 
Um dieses Ergebnis zu erreichen, wird in Belgien an vier Schwerpunkten gearbeitet: 
- Sicherstellen, dass bedürftige Kinder tatsächlich und kostenlos Zugang zu hochwertiger frühkindlicher Bildung und Betreuung, zu Bildungs- und Schulaktivitäten sowie zu einer gesunden Mahlzeit an jedem Schultag haben; 
- Sicherstellen, dass bedürftige Kinder einen effektiven und kostenlosen Zugang zu einer hochwertigen Gesundheitsversorgung haben; 
 
- Sicherstellen, dass bedürftige Kinder tatsächlich Zugang zu einer ausreichenden und gesunden Ernährung haben, etwa mithilfe des EU-Schulobst-, -gemüse- und - milchprogramms; 
- Sicherstellen, dass bedürftige Kinder tatsächlich Zugang zu angemessenem Wohnraum haben.
 
Die Deutschsprachige Gemeinschaft arbeitet in den unterschiedlichen Zuständigkeiten daran, die Ziele des Plans zu erreichen.
 
Interessant ist, dass wir bislang an der Bestandaufnahme der Datenerhebung teilnehmen. 
Hierzu wird ein Zwischenbericht veröffentlicht. 
 
Die Frage der Verbindung zwischen der mentalen Gesundheit und der Armut, bzw. inwiefern die Versorgung in der mentalen Gesundheit dementsprechend organisiert wird, dass auch unter Armut leidende Kinder und Familien Zugang zu ihr haben wird sowohl auf nationaler Ebene als auch auf Ebene der Deutschsprachigen Gemeinschaft behandelt.
 
Auf nationaler Ebene, kann hier vor allem das Projekt der erste Linie Psychologen, als konkretes Beispiel genannt werden. 
 
Dieses Projekt betraf zu Beginn Erwachsene und wurde nun erweitert, um kostenlose psychologische Dienstleistungen für 0- bis 23-Jährige anzubieten. 
In Ostbelgien arbeitet das Netzwerk der mentalen Gesundheit an der Umsetzung des Projektes der erste Linie Psychologen. 
 
In der Deutschsprachigen Gemeinschaft bieten die Einrichtungen, die von der Regierung bezuschusst werden, z.B. Sozialtarife an. Manche Angebote der ASL oder des PRT sind oftmals kostenlos. 
 
Für die Bürger im Bereich der Langzeitrehabilitation im Ausland (betrifft Themen wie u.a. Depression, Sucht oder Esstörungen) wird eine geringe Eigenbeteiligung verlangt. 
 
Das Bildungssystem der Deutschsprachigen Gemeinschaft gilt als eines der sozialgerechtesten in Europa. Nirgendwo sonst in Belgien, und in vielen anderen Ländern, hat die soziale Herkunft einen geringeren Einfluss auf den Zugang zur Bildung wie in Ostbelgien.  
 
Kaleido bietet zahlreiche kostenlose bzw. kostengünstige und niederschwellige Angebote für Kinder und Eltern im Gesundheitsvorsorgebereich an (Eltern-Café in sozialen Treffpunkten, Begleitung und Betreuung bei Schwangerschaft und nach der Schwangerschaft, kostenlose Vorsorgeuntersuchungen der Kleinkindern (inklusive Impfungen), Schuluntersuchungen, Eltern-Kind Kurse,…)
 
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