Mündliche Frage Nr. 1104
Hat die Regierung die Möglichkeit dem ZAWM das nötige Stundenkapital zu gewähren, um den zum Berufsbild passenden Unterricht zu erteilen?
Die nachfolgend veröffentlichte Frage und die Antwort entsprechen den hinterlegten Originalfassungen. Die endgültige Version ist im Bulletin für Interpellationen und Fragen (BIF) veröffentlicht.
Frage von Colin Kraft (CSP):
Über die Sommerferien wurden wir von den Eltern eines Jugendlichen kontaktiert, der gerne eine Lehre im stark von Fachkräftemangel betroffenen Beruf des Fensterbauers machen möchte. Dazu hat er bereits einen Lehrbetrieb in der Eifel gefunden.
Wie es so oft in Berufsbildern mit akutem Fachkräftemangel vorkommt, haben sich leider nicht mindestens vier Lehrling beim ZAWM eingeschrieben.
Das ZAWM organisiert deshalb diesen fachspezifischen Unterrichte in der DG nicht und macht von seinem Recht Gebrauch den Lehrling zu nötigen, die Unterrichte in NRW in der Landesschule zu absolvieren. Dies obschon der Meister des Lehrbetriebs sich angeboten hat die fachspezifischen Unterrichte zu erteilen. Das ZAWM verweigere dies aus finanziellen Gründen.
Die erhöhten Ausbildungskosten muss die Familie selbst tragen.
Anfang dieser Woche hat die Familie des betroffenen Jugendlichen dann erfahren müssen, dass die vom ZAWM auferlegte Schule gar nicht die für den Fensterbau nötigen Unterrichte erteilt, sondern dass es sich dabei um die Unterrichte für den Beruf des Glasers handelt, ein anderer Beruf.
Fazit ist, dass das ZAWM diesem Jugendlichen aus finanziellen Gründen eine Schule auferlegt, die ihn gar nicht zu seinem Wunschberuf ausbilden kann.
Dazu meine Frage:
1. Hat die Regierung die Möglichkeit dem ZAWM das nötige Stundenkapital zu gewähren, um den zum Berufsbild passenden Unterricht zu erteilen?
2. Wie steht die Regierung in Zeiten des akuten Fachkräftemangels zu der Regelung, die mindestens vier Lehrlinge pro Klasse vorsieht?
3. Wie steht die Regierung dazu, dass das ZAWM einen Lehrling dazu nötigt, Unterrichte zu befolgen, die eigentlich einem anderen Berufsbild entsprechen?
Antwort von Lydia Klinkenberg (ProDG), Ministerin für Unterricht, Ausbildung, Kinderbetreuung und Erwachsenenbildung:
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
das ZAWM steht im Bereich der Herstellung von Rahmen aus Alu und PVC seit mehreren Jahren vor der Herausforderung, dass die per Erlass vorgeschriebene Mindestnorm zur Eröffnung eines Kurses von vier Auszubildenden nicht erreicht wird.
Um dennoch eine Übergangslösung bis zum erhofften Aufschwung der Lehrlingszahlen anzubieten, erhielten die Auszubildenden eine individuelle fachspezifische Unterweisung von ca. 40 Stunden pro Lehrjahr und wurden für die übrigen Stunden je nach Themenschwerpunkt auf die artverwandten Berufe und Kurse der Metallbauer und Bauschreiner aufgeteilt.
Da die positive Entwicklung der Lehrlingszahlen leider bis heute ausgeblieben ist, wird an der Entscheidung des IAWM-Verwaltungsrates vom 2. Dezember 2020 festgehalten. Nach Beendigung der Ausbildung der Lehrlinge, die sich zu dem Zeitpunkt noch in der Lehre befanden, werden die Fachkurse in das Berufskolleg nach Rheinbach ausgelagert, wie es auch für zahlreiche andere Berufe der Fall ist (Informationselektroniker in Düsseldorf, Techniker in Bild und Ton in Köln, Pferdewirte, Innenausstatter, Motorradmechaniker, usw.). Dies gilt somit seit September 2022.
Diese Entscheidung entstand aus dem übergeordneten Ziel allen Kandidaten eine fachspezifische und qualitativ hochwertige Ausbildung anzubieten und der Notwendigkeit eine Verhältnismäßigkeit des Ressourceneinsatzes festzuhalten. Durch diese Kooperation wird ermöglicht, den Praxisteil der Lehre (der 80% der Ausbildung ausmacht) weiterhin in einem Betrieb der Deutschsprachigen Gemeinschaft auszuüben.
Herr Kraft, Sie unterstellen dem IAWM, dass es einen Lehrling dazu nötigen würde, Unterrichten zu folgen, die eigentlich einem anderen Berufsbild entsprechen würden. Wenn Sie die entsprechenden Ausbildungsprogramme prüfen, werden Sie feststellen, dass die Fachrichtung „Fenster- und Glasfassadenbau“, die der von Ihnen genannte Lehrling absolvieren möchte, zum Lehrplan im Beruf des Glasers gehört und ab dem 2. Jahr fachrichtungsspezifisch unterrichtet wird.
Ich habe volles Vertrauen in der Arbeit des IAWM, das grundsätzlich sehr viel Verständnis für „besondere“ Situationen oder „Sonderfälle“ aufzeigt.
Sie sind immer bemüht, den Jugendlichen bestmöglich zu unterstützen und zu begleiten.
In diesem Fall möchte das IAWM nicht nur die Familie finanziell unterstützen, sondern schafft in Zusammenarbeit mit dem betroffenen Jugendlichen, dem Betriebsleiter und der Schule in Deutschland die notwendige Bedingung (u.a. Besichtigung der Schule und des Internats), um mögliche Hemmungen zu beseitigen und den Jugendlichen in Rheinbach empfangen zu können.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.