Mündliche Frage Nr. 1355
Welche Möglichkeiten bestehen seitens der DG in der Anerkennung der Gleichwertigkeit von Studienleistungen wie in dem beschrieben Fall?
Die nachfolgend veröffentlichte Frage und die Antwort entsprechen den hinterlegten Originalfassungen. Die endgültige Version ist im Bulletin für Interpellationen und Fragen (BIF) veröffentlicht.
Frage von Stephanie Pauels (CSP):
Angesichts des Fachkräftemangels möchte ich eine Frage bezüglich der Gleichwertigkeitsanerkennung und Dispensvergabe durch die DG an die Frau Ministerin richten.
Um die Dringlichkeit meiner Frage zu illustrieren, möchte ich Bezug nehmen auf den Fall einer jungen Frau, die sich kürzlich hilfesuchend an mich gewandt hat. Nach dem erfolgreichen Abschluss eines allgemeinbildenden Abiturs in Wirtschaft hat diese Person ein Bachelorstudium in Erziehungswissenschaften an der HELMo in Lüttich begonnen. Nach erfolgreichem Abschluss des ersten Studienjahres hat sie jedoch den Entschluss gefasst, das Studium nicht weiter zu verfolgen, da sie nicht in der durch das Studium vorherbestimmten leitenden Funktion Karriere machen möchte. Stattdessen möchte sie nun ein A2-Diplom in Erziehung absolvieren.
Dazu besteht jedoch aktuell keine andere Möglichkeit, als die vollständige Wiederholung des entsprechenden Abiturs – Trotz vorhandenem Wirtschaftsabitur und erfolgreich abgeschlossenem ersten Studienjahr des A1-Erziehungsdiploms an einer belgischen Universität.
Aufgrund des bestehenden Fachkräftemangels und des vielseitigen Engagements der Regierung diesen zu bekämpfen, möchte ich dafür plädieren, größere Flexibilität in der Vergabe von Dispensen einzurichten und einen Rahmen zu schaffen, der den beschriebenen Umstieg und vergleichbare Fälle schnell und unkompliziert möglich macht.
Dazu meine Fragen:
1. Welche Möglichkeiten bestehen seitens der DG in der Anerkennung der Gleichwertigkeit von Studienleistungen wie in dem beschrieben Fall?
2. Inwiefern lassen sich durch ein Studium erworbene ECTS-Punkte in Dispensen im Rahmen eines technischen Abiturs umwandeln?
3. Wie bewertet die Regierung die gegenwärtige Situation hinsichtlich der Gleichwertigkeitsanerkennung von Diplomen (darunter auch das Abitur) durch die DG vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels?
Antwort von Lydia Klinkenberg (ProDG), Ministerin für Unterricht, Ausbildung, Kinderbetreuung und Erwachsenenbildung:
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
gemäß Artikel 2 Nummer 6 des Königlichen Erlasses vom 29. Juni 1984 über die Organisation des Sekundarschulwesens muss ein Schüler an allen Unterrichten einer Studienrichtung teilnehmen, damit er versetzt werden oder ihm ein Studiennachweis verliehen werden kann. Befreiungen sind im Sekundarschulwesen nicht vorgesehen, weder auf der Grundlage von Leistungen des Sekundarschulwesens noch des Hochschulwesens. Beispielsweise muss auch ein Schüler, der eine Orientierungsbescheinigung C erhalten hat, das gesamte Studienprogramm erneut absolvieren, selbst wenn er einzelne Fächer bestanden hatte.
Eine formale Gleichstellung kann nur vorgenommen werden, wenn ein Studiennachweis aus dem Ausland vorliegt. Diplome aus den anderen belgischen Gemeinschaften können nicht gleichgestellt werden, da sie automatisch in allen belgischen Gemeinschaften gültig sind.
Einzelne Studienleistungen des Hochschul- und Universitätswesens können ebenfalls nicht gleichgestellt werden, sondern lediglich die Abschlussdiplome. Ggf. können einzelne Studienleistungen an Hochschulen oder Universitäten zu Befreiungen führen. Dies liegt in der Autonomie der Hochschule oder Universität.
Bislang sieht das Dekret vom 27. Juni 2005 zur Schaffung einer autonomen Hochschule vor, dass Personen, die von der Hochschule anerkannte Vorleistungen erbracht haben, Unterrichtsbefreiungen erhalten können. Die Regierung wird im Dekretentwurf über Maßnahmen im Unterrichtswesen 2023 vorschlagen, dass die Autonome Hochschule einen Studierenden nicht nur von der Teilnahme an Unterrichten, sondern auch von der Erbringung von Prüfungsleistungen befreien können soll.
In der von Ihnen, Frau Pauels, beschriebenen Situation ist nicht die Gleichstellung eines Studiennachweises das Hindernis, sondern die mangelnde Durchlässigkeit des Systems und andererseits die berufliche Orientierung der Person. Die Steigerung der Durchlässigkeit des Bildungssystems ist mir ein Anliegen, das im Rahmen der Gesamtvision in verschiedenen Aspekten weiterverfolgt wird. Die Optimierung der beruflichen Orientierung ist, wie Sie wissen, bereits in dieser Legislatur von meiner Ministerkollegin Weykmans und mir nach vorne getrieben worden.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.