Mündliche Frage Nr. 1218
Ist diese Regierung wirklich gewillt, das Eintrittsalter zur Aufnahme in die Förderschule zu senken?
Die nachfolgend veröffentlichte Frage und die Antwort entsprechen den hinterlegten Originalfassungen. Die endgültige Version ist im Bulletin für Interpellationen und Fragen (BIF) veröffentlicht.
Frage von Andreas Jerusalem (Ecolo):
In den Beratungen zum Haushalt der DG wurde uns mitgeteilt, dass das Eintrittsalter zum Eintritt in eine Förderschule gesenkt werden soll.
Gleichzeitig arbeiten wir hier im Ausschuss kontinuierlich am Thema der Inklusion und alle Fraktionen scheinen in dieser Hinsicht ähnliche Ziele zu verfolgen.
Auch Ihnen, Frau Ministerin, liegt dieses Thema am Herzen und all unsere Bemühungen sollten in die Richtung gehen, immer mehr Kindern die Teilhabe an Unterricht in ihrem direkten Umfeld zu ermöglichen.
Das sollte natürlich unter guten Rahmenbedingungen passieren, die erst einmal in der kommenden Zeit geschaffen werden müssen.
Wenn wir nun hören, dass in Zukunft dekretal ermöglicht wird, Kinder noch früher zu exkludieren, widerspricht das in unseren Augen sehr dem gerade beschriebenen Bestreben.
Diese Maßnahme ist vielleicht nur für Einzelfälle gedacht, die zur Zeit in der Regelschule aus verschiedenen Gründen nicht optimal begleitet werden können. Gleichzeitig eröffnet sie aber große Türen für zukünftige Exklusion. Diese Maßnahme ist in unseren Augen ein Schritt hin zu mehr Exklusion - außer Sie sind im Stande uns vom Gegenteil zu überzeugen. Nach unserer jetzigen Einschätzung widersetzt sich die Regierung hier ihrer Pflicht, der belgischen Verfassung und der UN-Behindertenrechtskonvention gerecht zu werden. Die Anstrengungen sollten im Hinblick auf die Verpflichtungen der Regierung viel eher in die Richtung gehen, dass überlegt wird, wie sich unser Bildungssystem verändern muss, damit solche Maßnahmen eben NICHT eingeführt werden müssen.
Daher unsere Frage an Sie Frau Ministerin:
1. Ist diese Regierung wirklich gewillt, das Eintrittsalter zur Aufnahme in die Förderschule zu senken?
2. Wie verträgt sich diese Maßnahme mit Ihrem eigentlichen Ziel, Inklusion in Ostbelgien voranzutreiben?
Antwort von Lydia Klinkenberg (ProDG), Ministerin für Unterricht, Ausbildung, Kinderbetreuung und Erwachsenenbildung:
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Artikel 4 des Gesetzes vom 6. Juli 1970 über das Sonderschulwesen und das integrierte Schulwesen hält fest, dass sich das Förderschulwesen an Schüler richtet, „die mindestens drei Jahre alt sind oder dieses Alter bis zum 31.Dezember des laufenden Schuljahres erreichen und am 30.Juni des laufenden Schuljahres höchstens einundzwanzig Jahre alt sind.“ Somit gibt es keinen Unterschied beim Eintrittsalter für Regel- und Fördergrundschulen.
Im laufenden Schuljahr waren zum Stichtag des 30. September 2022 insgesamt zehn Kindergartenkinder in einer Förderschule eingeschrieben. Davon besuchen sechs die gemischten Gruppen im Kindergarten der Gemeinsamen Grundschule Bütgenbach, drei das ZFP St. Vith und eins die Pater-Damian-Förderschule. Das bedeutet, dass bereits sechs Kindergartenkinder inklusiv gefördert werden und nur vier Kindergartenkinder eine Förderschule besuchen.
Mit Ausnahme eines Kindes, das den Kindergarten der Gemeinsamen Grundschule Bütgenbach besucht, sind alle Kinder bereits schulpflichtig, da sie das Alter von fünf Jahren erreicht haben.
Obschon es also aufgrund der freien Schulwahl bereits jetzt möglich ist, dass Eltern von Kindern mit festgestelltem sonderpädagogischem Förderbedarf ihre Kinder im Kindergartenalter in eine Förderschule einschreiben, kommt dies in der Praxis nur sehr selten vor.
Langfristige Zielsetzung der Regierung ist weiterhin, den inklusiven Anspruch in allen Schulen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft weiterzuentwickeln, damit so viele Schüler wie möglich in der Regelschule beschult werden können.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.