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Fragen und Antworten

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12. Mai 2022 – Fragen von F. Cremer und K. Neycken-Bartholemy an Ministerin KLINKENBERG zu dem ab 2023 geltenden Zulassungswettbewerb für Medizinstudenten

Besteht nicht die Gefahr, dass es zukünftig aufgrund der wettbewerbsorientierten Zulassungsprüfung an französischsprachigen Universitäten einen noch verschärfteren Mangel an deutschsprachigen Medizinern in unserer Gemeinschaft geben wird?

Die nachfolgend veröffentlichte Frage und die Antwort entsprechen den hinterlegten Originalfassungen. Die endgültige Version ist im Bulletin für Interpellationen und Fragen (BIF) veröffentlicht. 

Frage von Freddy Cremer (ProDG):

Am 30. April meldeten gleich mehrere belgische Tageszeitungen, dass die Französische Gemeinschaft und die Föderalregierung nach einem jahrzehntelangen politischen Streit in der Frage der Vergabe der Inami-Nummern für Medizinstudenten eine Einigung erzielt haben. Zum einen wird allen, die sich aktuell im Arzt- oder Zahnarztstudium befinden, eine Inami-Nummer, die eine Voraussetzung zur Berufszulassung ist, zugesichert; zum anderen verpflichten sich die Universitäten im französischsprachigen Landesteil ab dem akademischen Jahr 2023-2024 eine wettbewerbsorientierte Zulassungsprüfung, so wie es in Flanden schon seid langem der Fall, für zukünftige Arzt- und Zahnarztstudenten einzuführen.
Bislang war es so, dass jeder, der im französischsprachigen Landesteil die klassische Aufnahmeprüfung bestand, zu diesen beiden Studiengängen zugelassen wurde. Ab dem Studienjahr 2023-2024 soll diese Aufnahmeprüfung durch einen ordnungsgemäßen Zulassungswettbewerb ersetzt werden. Dazu steht im GrenzEcho vom 30. April zu lesen: „Nachdem ein entsprechendes Gesetz verabschiedet ist, soll sie im Jahr 2023-2024 in Kraft treten und beschränkt den Zugang auf die Bestplazierten, also – nicht wie bei einer klassischen Aufnahmeprüfung – auf alle, die bestehen. Die Anzahl der erfolgreichen Absolventen richtet sich nach der Quote des jeweiligen Abgangsjahres.“

Zur klassischen Aufnahmeprüfung kommt also noch der Wettbewerbsaspekt hinzu; d.h. bis zur Erreichung des jährlich auf der Grundlage einer neuen Berchnungmethode festgelegten Kontingents zugewiesener Inami-Nummern werden nur die Bestplazierten  berücksichtigt.

Auf Grund der Tatsache, dass dieser wettbewerbsorientierte Zulassungswettbewerb nur in französischer und in niederländischer Sprache organisert wird, wird die Situation ostbelgischer Studenten, die Interesse an einem der beiden Studiengänge haben, noch weiter verschärft. Es besteht die Gefahr, dass Abiturienten der deutschsprachigen Sekundarschulen zwar die Aufnahmeprüfung bestehen, aber aufgrund der Tatsache, dass diese Zulassungsprüfungen nicht in ihrer Muttersprache organisiert werden, nicht zu den Bestplazierten gehören, die schlussendlich zum Studium zugelassen werden.

Zu diesem Sachverhalt möchte ich Ihnen, sehr geehrte Frau Ministerin, folgende Fragen stellen:
1. Besteht nicht die Gefahr, dass es zukünftig aufgrund der wettbewerbsorientierten Zulassungsprüfung an französischsprachigen Universitäten einen noch verschärfteren Mangel an deutschsprachigen Medizinern in unserer Gemeinschaft geben wird?
2. Was gedenkt die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft zu tun, um auf diese besondere Herausforderung zu reagieren?
3. Welche Handlungsmöglichkeiten hat die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft, um sowohl auf föderaler Ebene als auch auf Ebene der Französischen Gemeinschaft auf die besondere Situation der Studenten und Studentinnen aus der Deutschsprachigen Gemeinschaft infolge des ab 2023 geltenden Zulassungswettbewerbs zu reagieren?

Frage von Kirsten Neycken-Bartholemy (SP) zum Medizinstudium:

In der Französischen Gemeinschaft wird ab 2023 ein Zulassungswettbewerb zum Medizinstudium ähnlich wie in Flandern eingeführt, dies vor dem Hintergrund der seit Jahren bestehenden Problematik um die Inami-Nummern. Während der letzten Legislaturperiode habe ich immer wieder auf die Situation der deutschsprachigen Studenten hingewiesen, die sich durch die Aufnahmeprüfung in französischer Sprache im Nachteil befanden. Denn meist entwickelt sich der Gebrauch der Zweitsprache während des Studiums. 

Hierzu nun meine Fragen:
1. Was bedeutet die neue Regelung für die deutschsprachigen Studenten, welche ein Studium in der Französischen Gemeinschaft absolvieren möchten? 
2. Wird es eine Regelung geben, damit Deutschsprachige nicht aufgrund des Sprachgebrauchs benachteiligt werden?
3. Sieht die DG ggf. Maßnahmen zur Vorbereitung  der angehenden Studenten vor?


Antwort von Lydia Klinkenberg (ProDG), Ministerin für Unterricht, Ausbildung, Kinderbetreuung und Erwachsenenbildung:

Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

die anderen belgischen Gemeinschaften sind aufgrund der Sprachengesetzgebung nicht dazu verpflichtet, Ausnahmeregelungen für deutschsprachige Studienanwärter vorzusehen. Daher sind derzeit keine Anpassungen für Deutschsprachige vorgesehen. 

Die Deutschsprachige Gemeinschaft bezuschusst den Vorbereitungskurs auf das Medizinstudium, den die KAP seit 2019 regelmäßig anbietet. Der Kurs beinhaltet die Fächer Mathematik, Physik, Chemie, Biologie und Französisch.

Darüber hinaus legt die Regierung Wert auf eine weitere Stärkung der Französischkompetenzen der Schüler. Die Kompetenzen in der ersten Fremdsprache Französisch werden seit mehreren Jahren durch jährliche Vollerhebungen evaluiert. Die Ergebnisse dieser Vollerhebungen zeigen eine positive Entwicklung auf, die nun weitergeführt und durch neue Maßnahmen ergänzt werden sollen. So soll dem Parlament noch in dieser Sitzungsperiode ein Dekretentwurf über die Förderung der Fremdsprachenkompetenzen im Unterrichtswesen vorgelegt werden, der unter anderem den Einsatz von Fachlehrern für fremdsprachliche Aktivitäten im Kindergarten vorsieht. Darüber hinaus soll den Primarschulen die Möglichkeit eröffnet werden, neben den Fächern Sport, Kunst und Musik, auch Geografie und eine Mathematikstunde pro Woche in der ersten Fremdsprache zu unterrichten. Außerdem soll die Möglichkeit geschaffen werden, die Pilotprojekte des Kindergartens mit bis zu 350 Minuten fremdsprachlichen Aktivitäten pro Woche in der Primarschule weiterzuführen mit bis zu 7 Wochenstunden Sachfachunterricht in der ersten Fremdsprache. In den Sekundarschulen sollen verstärkter Sekundarschullehrer, die die erste Fremdsprache als „native speaker“ beherrschen und die Unterrichtssprache nur ausreichend beherrschen, um Sachfachfächer in der ersten Fremdsprache zu erteilen, eingesetzt werden.


Positiv hervorzuheben ist die angekündigte Veränderung der Berechnungsmethode der Anzahl zu vergebenden INAMI-Nummern. Zukünftig soll die Anzahl INAMI-Nummern nach den tatsächlichen Bedürfnissen vergeben werden statt wie bislang auf Bevölkerungs- und Schülerzahlen. 
Wie an dieser Stelle in den vergangenen Jahren mehrfach von meinem Vorgänger erläutert wurde, hat die Regierung bereits zahlreiche Versuche unternommen, um den Zugang ostbelgischer Studenten zum Studium und letztlich zum Beruf zu verbessern, leider ohne Erfolg. In Ermangelung von Nachteilsausgleichsmaßnahmen versuchen wir, die Studienanwärter durch die Organisation zusätzlicher Vorbereitungskurse bestmöglich auf das Aufnahmeverfahren vorzubereiten. Diese Kurse stellen eine Ergänzung zu den universitären Kursen dar, deren Besuch wir weiterhin allen Interessenten empfehlen.
Selbstverständlich werde ich meinerseits aufgrund der jüngsten Entwicklung die frankophone Hochschulministerin und die Académie de Recherche et d’Enseignement Supérieur (ARES) erneut auf die besondere Situation der ostbelgischen Kandidatinnen und Kandidaten hinweisen und sie bitten, aufgrund der sprachlichen Benachteiligung die Möglichkeit von Nachteilsausgleichsmaßnahmen erneut zu prüfen. Der Ministerpräsident führt seinerseits aktuell ebenfalls diesbezüglich Gespräche.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

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