Schriftliche Frage Nr. 170
Wie liegt das Zahlenverhältnis zwischen den ostbelgischen Altenheimbewohnern, bei denen die Rente für deren Aufenthalt reicht und denen, wo die Familie und/oder das ÖSHZ Ausgleichzahlungen leisten?
Bitte unterscheiden Sie die Angaben nach Altenheimträgerschaft.
Die nachfolgend veröffentlichte Frage und die Antwort entsprechen den hinterlegten Originalfassungen. Die endgültige Version ist im Bulletin für Interpellationen und Fragen (BIF) veröffentlicht.
Frage von Jolyn Huppertz (CSP), vom 5. Mai 2021:
Ende April berichtete das Grenzecho* über die Sorgen und das Misstrauen der jungen Belgier, ob der Staat, die Pensionen künftig bezahlen könne.
Der Vorsitzende des belgischen Dachverbandes der Pensionsfonds, Philip Neyt, erklärte an anderer Stelle der Presse gegenüber, dass die Arbeitnehmer zum Ausgleich ihrer Rentenbezüge zwischen 11 und 18% ihres Lohnes während ihrer gesamten beruflichen Tätigkeit von 45 Jahren auf Seite legen müssten**.
Neyt erklärte ferner, dass das Rentenniveau zwischen 66 und 48% des letzten Nettolohnes betrage.
Offenbar sind gerade junge Leute allgemein nicht besonders gut hinsichtlich des Rentensystems informiert. Verhältnismäßig wenige wissen, dass das belgische Pensionssystem auf drei Säulen ruht:
Neben der gesetzlichen Altersvorsorge, die auf Grundlage der beruflichen Einkünfte berechnet wird, kommen noch die zusätzliche Altersvorsorge im Rahmen von Gruppenversicherungen oder die freie Zusatzrente hinzu.
Dass die Rente später zur zentralen Voraussetzung gehört, wie das Leben als Senior bestritten werden kann, dürfte auf der Hand liegen.
Dem GE-Bericht zufolge reichen 92% der gesetzlichen Renten aber nicht aus, um das Altenheim zu bezahlen.
Hintergrund hierfür sind nicht nur die knapp bemessene Rentenberechnung, sondern auch die allgemein steigenden Kosten in den Altenheimen. Ob das auch pauschal für ostbelgische Verhältnisse gilt, wird durch den Bericht nicht deutlich.
Natürlich mag das ein Argument für die sein, die ein möglichst langes Verbleiben der Senioren in den eigenen vier Wänden befürworten.
Richtig ist aber auch, dass ab einer gewissen Pflegestufe die zu Hause erbrachten Dienstleistungen teurer sind als die, die etwa in einem Pflegeheim erbracht werden***.
Vorliegende Interpellation zielt daher darauf ab, mehr Licht ins Dunkle zu bringen und insbesondere junge Leute zu motovieren vorzusorgen.
Meine Fragen:
1. Wie liegt das Zahlenverhältnis zwischen den ostbelgischen Altenheimbewohnern, bei denen die Rente für deren Aufenthalt reicht und denen, wo die Familie und/oder das ÖSHZ Ausgleichzahlungen leisten?
Bitte unterscheiden Sie die Angaben nach Altenheimträgerschaft.
2. Wie hoch liegt die Zuzahlung der ostbelgischen Öffentlichen Sozialhilfezentren im Falle nicht reichender Rentenbezüge bei Altenheimbewohnern.
Bitte trennen Sie die Angabe nach Gemeinde.
3. Wie hoch liegt durchschnittlich der Zuzahlungsbetrag, wenn die Rente für den Altenheimaufenthalt nicht reicht? Bitte unterscheiden Sie die Angaben nach Altenheimträgerschaft.
4. In welchem Maß stieg in den letzten 10 Jahren der Durchschnittspreis für eine einfache Belegung eines Altenheimzimmers. Bitte unterscheiden Sie die Angaben nach Altenheimträgerschaft.
5. Erkennt die DG-Regierung die als bedenklich einzustufende Entwicklung, und wie bereitet sie die Bevölkerung – insbesondere aber die jungen Menschen in Ostbelgien - darauf vor?
Antwort von Antonios Antoniadis (SP), Minister für Gesundheit und Soziales:
1.) In erster Linie darf nicht aus den Augen verloren werden, dass nur zirka 4 % der über 60-jährigen Personen in einem Wohn- und Pflegezentrum für Senioren leben. Die anderen 96 % bleiben weiterhin zu Hause wohnen, was auch ihrem Wunsch entspricht.
Oft wird auch vergessen, dass die Rente der Senioren nicht unbedingt die einzige Einnahmequelle ist, die sie beziehen.
In der Tat haben Senioren, deren Einnahmen nicht ausreichend sind, unter gewissen Bedingungen auch Anrecht auf eine finanzielle Beihilfe zur Unterstützung von betagten Personen (BUB), die dazu beiträgt, die Kosten, die mit dem Verlust der Selbstständigkeit einhergehen, zu reduzieren.
Aufgrund der Preiserhebungen im Jahr 2018 hat der Fachbereich Gesundheit und Senioren hierzu tabellarisch festgehalten, wie viele Senioren in der Deutschsprachigen Gemeinschaft zuzüglich zu ihrer Rente Anrecht auf eine solche finanzielle Beihilfe haben (Stand 31/12/2017: insgesamt 23 Personen). Die diesbezüglichen Informationen wurden dem Fachbereich durch die verschiedenen Einrichtungen mitgeteilt.

Sollte diese finanzielle Beihilfe nicht ausreichend sein, besteht die Möglichkeit, einen Antrag zur Übernahme der Restkosten beim zuständigen ÖSHZ einzureichen. Auch hierzu hat der Fachbereich eine Tabelle für die Deutschsprachige Gemeinschaft (Stand 31/12/2017: 36 Personen) erstellt, die veranschaulicht, wie viele Senioren pro Trägerschaft eine solche Zuzahlung erhalten.

Bezüglich der WPZS-Bewohner, für welche die Familie Ausgleichzahlungen leistet, liegt der Deutschsprachigen Gemeinschaft kein Zahlenmaterial vor. Es handelt sich hierbei um vertrauliche intrafamiliäre Informationen, auf die das Ministerium der Deutschsprachigen Gemeinschaft keinen Zugriff hat.
Zurzeit erhalten 39 Personen eine Zuzahlung des ÖSHZ (Stand 03/06/2021). Die Anzahl der WPZS-Bewohner in der Deutschsprachigen Gemeinschaft beläuft sich aktuell auf 740 Personen (Stichtag 31/05/2021). Wenn man das Zahlenverhältnis global betrachtet, scheinen die Fälle, in denen das ÖSHZ aktuell Ausgleichszahlungen leistet (zirka 5,3 % aller WPZS-Bewohner), doch relativ gering zu sein.
2.) Die Zuzahlung der ostbelgischen ÖSHZ im Falle nicht ausreichender Rentenbezüge bei WPZS-Bewohnern wird individuell ausgerechnet und steht somit in Korrelation mit der persönlichen Situation der betroffenen Person.
Die ÖSHZ überprüfen zunächst den Rentenbetrag der Person und ob dieser eine finanzielle Beihilfe für betagte Personen (BUB) zusteht. Wenn dem nicht so ist, kann ein Antrag auf Beihilfe zur Unterstützung von betagten Personen beim FÖD Soziale Sicherheit gestellt werden, bevor eine Zuzahlung des ÖSHZ gerechtfertigt ist.
Wenn trotz und alledem der zur Verfügung stehende Betrag nicht ausreicht und alle anderen sozialen Mittel ausgeschöpft sind, kann ein Anrecht auf eine Zuzahlung des ÖSHZ bestehen. Das ÖSHZ überprüft vorab die Möglichkeit einer finanziellen Beteiligung der Kinder der Person, denn bei Bedarf sind Letztere ihren Eltern gegenüber unterhaltspflichtig (Artikel 205 ZGB).
Diese Zuzahlungen sind dann Gegenstand eines Beschlusses des Sozialhilferates, bzw. des Sozialhilfeausschusses. Die Zuzahlung des ÖSHZ kann zudem einmalig sein oder monatlich ausgezahlt werden.
Nach Rückmeldung der ÖSHZ haben diese mitgeteilt, wie viele WPZS-Bewohner in den Jahren 2020 und 2021 eine solche Zuzahlung erhalten haben und wie hoch die durchschnittliche monatliche Zuzahlung war (siehe Tabelle).

Anhand der Tabelle mit den Zuzahlungen der ÖSHZ für die Jahre 2020 und 2021 kann man erkennen, dass diese Zahlen sich weiterhin in Grenzen halten. Im Vergleich zu den Zahlen des Jahres 2017 (s. Frage 1, Tabelle „Anzahl der Personen, die eine ÖSHZ-Unterstützung erhalten haben, Stichtag 31.12.2017“) gibt es keine alarmierende Entwicklung, die Zahlen sind relativ konstant geblieben.
3.) Bezüglich des durchschnittlichen Zuzahlungsbetrags der ÖSHZ verweisen wir auf die Antwort der 2. Frage.
Bezüglich des durchschnittlichen Zuzahlungsbetrags der Familienmitglieder müssten die monatlichen Einnahmen der Senioren vorliegen und hierbei handelt es sich um vertrauliche Informationen, auf die das Ministerium der Deutschsprachigen Gemeinschaft aktuell keinen Zugriff hat.
4.) Der Fachbereich Gesundheit und Senioren hat die Durchschnittpreise für die Jahre 2010 bis 2020 erfasst. Leider liegen für das Jahr 2011 keine Angaben vor und somit wurden diese bei der Erstellung der Tabelle nicht berücksichtigt.


Wie man der Tabelle entnehmen kann, liegt der Anstieg des Durchschnittpreises in den letzten 10 Jahren bei privat-kommerziellen Einrichtungen bei 22,61 %, bei privat-gemeinschaftlichen Einrichtungen bei 20,38 % und bei öffentlichen Einrichtungen bei 24,73 %.
5.) Die Situation in der Deutschsprachigen Gemeinschaft kann angesichts der gelieferten Informationen aktuell nicht als bedenklich gewertet werden.
Die Thematik der Altersvorsorge wird in der Öffentlichkeit immer wieder thematisiert.
Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen wie die VSZ, die Jugendinformationszentren, die ÖSHZ, Banken und andere Akteure informieren regelmäßig über den Umgang mit Geld. Mehr Details hierzu können sie bei den zuständigen Ministerkolleginnen anfragen.
Allerdings ist hier zu erwähnen, dass die Rentenpolitik eine Kompetenz des Föderalstaates, und nicht der Teilstaaten, ist.
* Grenzecho, 28.4.2021, S. 4
** https://www.lesoir.be/368732/article/2021-04-27/update-les-jeunes-attribuent-tout-juste-la-moyenne- au-systeme-de-pensions-2
*** https://www.rtl.be/info/belgique/societe/les-prix-des-maisons-de-repos-sont-au-dessus-de-la-pension-moyenne-958715.aspx : « A partir d’un certain degré de dépendance, soit 4 heures d’aide à domicile par exemple, la maison de repos est moins chère que se faire soigner à domicile, selon l'étude de la Fédération des Maisons de Repos (Femarbel). »