Mündliche Frage Nr. 458
Wäre eine kostenlose Bereitstellung dieser Hygieneartikel auch für die Schulen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft denkbar?
Die nachfolgend veröffentlichte Frage und die Antwort entsprechen den hinterlegten Originalfassungen. Die endgültige Version ist im Bulletin für Interpellationen und Fragen (BIF) veröffentlicht.
Frage von Colin Kraft (CSP):
Bereits in mehreren Resolutionen forderte das Europäische Parlament die Mitgliedstaaten dazu auf einen niedrigen, bestenfalls gar keinen Mehrwertsteuer-Satz, auf Menstruationsprodukte anzuwenden. Frauen und Mädchen sind schließlich auf diese Hygieneartikel angewiesen und nichts rechtfertigt, diese Produkte wie Luxusgüter zu besteuern. Seit 2018 werden Tampons und Binden in Belgien nicht mehr mit 21%, sondern mit 6% besteuert. Für viele Frauenverbände in Belgien, die seit Jahren eine Abschaffung der sogenannten „Tamponsteuer“ fordern, war dies zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber es bleibt nicht nachvollziehbar, weshalb Hygieneartikel für Frauen zum Beispiel in öffentlichen Toiletten oder öffentlichen Einrichtungen, wie Schulen, nach wie vor nicht kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Schließlich muss Toilettenpapier auch nicht selbst mitgebracht oder vor Ort bezahlt werden.
Schottland macht es vor: Als erstes Land der Welt bietet Schottland in Zukunft Tampons und Binden kostenlos an. Das entsprechende Gesetz wurde durch das Parlament in Edinburgh einstimmig beschlossen und sieht vor, dass Hygieneartikel für Frauen an öffentlichen Orten wie Schulen oder Jugendzentren gratis bereitgestellt werden müssen. Die schottische Ministerpräsidentin betitelte diesen Schritt zurecht als „bahnbrechend“ für Frauen und Mädchen.
Hierzu meine Frage:
- Wäre eine kostenlose Bereitstellung dieser Hygieneartikel auch für die Schulen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft denkbar?
Antwort von Lydia Klinkenberg (ProDG), Ministerin für Unterricht, Ausbildung, Kinderbetreuung und Erwachsenenbildung:
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
dem Grundgedanken, dass diese Produkte für Frauen kostengünstiger zur Verfügung gestellt werden sollten, stimme ich zu. Insbesondere für Frauen mit geringem Einkommen würde dies eine Entlastung darstellen. Ich bin auch gern bereit, über die Bereitstellung von kostenlosen Hygieneartikeln in den Schulen nachzudenken.
Die Umsetzung eines kostenfreien Angebots in den Schulen ist nämlich in meinen Augen nur auf Grundlage eines gut durchdachten Konzepts möglich.
Zunächst müsste das Material sorgfältig ausgewählt werden. Es gibt eine Vielzahl an Produkten, die in Frage kommen, und die Bedürfnisse der Schülerinnen sind unterschiedlich.
Zudem müssten sowohl die Logistik – also die Anschaffung, die Lagerung und die Verteilung der Hygieneartikel und ggf. entsprechender Spender – als auch die Finanzierung geklärt werden.
Derzeit gibt es in der Deutschsprachigen Gemeinschaft 2.268 Sekundarschülerinnen. Wenn wir von einem Durchschnitt von fünf Tagen Periode pro Monat ausgehen, hat eine Sekundarschülerin an circa 40 Schultagen des zehnmonatigen Schuljahres ihre Periode. Eine Binde oder ein Tampon kostet ca. 10 Cent. Braucht eine Schülerin in der Schule drei Binden oder Tampons pro Schultag, an dem sie ihre Periode hat, sind das 120 Binden oder Tampons im Schuljahr und somit 12€ pro Schülerin pro Schuljahr. Insgesamt wären das also derzeit 27.216,00 € für alle Sekundarschülerinnen für den Bedarf während der Schulzeit.
Das ist natürlich nur eine grobe Schätzung. Das Konzept müsste selbstverständlich dem tatsächlichen Bedarf der Schülerinnen Rechnung tragen.
Neben der Klärung der Logistik und der Absicherung der Finanzierung müsste einer Verschmutzung der Sanitäranalagen und einer unnötigen Umweltbelastung durch den sorglosen Umgang mit den kostenfrei angebotenen Hygieneartikeln vorgebeugt werden. Dazu müssten beide Geschlechter sensibilisiert werden.
Wie Sie richtig sagen, Herr Kraft, sind junge Frauen auf diese Hygieneartikel angewiesen. Insbesondere für Frauen mit geringem Einkommen stellen diese Produkte einen spürbaren Kostenfaktor dar. Binden und Tampons werden in Belgien seit 2018 nicht mehr wie Luxusgüter besteuert. Dadurch wurde die steuerliche Diskriminierung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts zumindest verringert, wenn auch nicht abgeschafft. Mit einer kostenlosen Zurverfügungstellung der Hygieneartikel in den Schulen und in anderen öffentlichen Einrichtungen würden wir nicht nur eine Benachteiligung beseitigen, sondern auch zur Enttabuisierung der Menstruation beitragen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.