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Die Gemeinschaften

Artikel 2 der belgischen Verfassung: "Belgien umfasst drei Gemeinschaften: die Deutschsprachige Gemeinschaft, die Flämische Gemeinschaft und die Französische Gemeinschaft."

Die Zuständigkeiten der Gemeinschaften

Der belgischen Verfassung zufolge sind die Kernzuständigkeiten der Gemeinschaften:

  • die kulturellen Angelegenheiten,
  • die personenbezogenen Angelegenheiten (d.h. Familie, Gesundheit und Soziales),
  • das Unterrichtswesen, allerdings mit folgenden Ausnahmen:
    • die Festsetzung von Beginn und Ende der Schulpflicht,
    • die Mindestbedingungen für die Ausstellung der Diplome,
    • die Pensionsregelungen für das Personal des Unterrichtswesens,
  • zwischengemeinschaftliche und internationale Zusammenarbeit einschließlich der Vertragsabschlüsse in den vorgenannten Angelegenheiten,
  • die Zusammenarbeit zwischen den Gemeinschaften sowie die internationale Zusammenarbeit, einschließlich des Abschlusses von Verträgen.

Foto: Visuelle Darstellung der drei Gemeinschaften in Belgien

Grundsätzlich regeln die Gemeinschaften auch den Gebrauch der Sprachen

  • in Verwaltungsangelegenheiten,
  • in den Unterrichtsanstalten,
  • in den sozialen Beziehungen zwischen den Arbeitgebern und ihrem Personal.

Allerdings gibt es zu diesen allgemeinen Verfassungsbestimmungen einige wichtige Ausnahmen:

  • Die Deutschsprachige Gemeinschaft ist nur für den Sprachengebrauch im Unterrichtswesen zuständig.
  • Die Deutschsprachige Gemeinschaft kann Regionalbefugnissen ausüben.
  • In Brüssel wurde eine komplexe Struktur geschaffen, die sowohl der Französischen als auch der Flämischen Gemeinschaft erlaubt, dort Befugnisse auszuüben.
  • Die Wallonische Region und die französische Sprachgruppe im Brüsseler Regionalparlament können Befugnisse der Französischen Gemeinschaft ausüben.

Zu bemerken ist außerdem, dass die flämischen Gemeinschaftsinstanzen (Parlament, Regierung, Ministerium) de facto mit den Regionalinstanzen fusioniert sind.

Die Französische Gemeinschaft

Die Französische Gemeinschaft übt die Gemeinschaftsbefugnisse im französischen Sprachgebiet und gegenüber den französischsprachigen Institutionen in Brüssel aus. Das Gemeinschaftsparlament und die Regierung haben ihren Sitz in Brüssel.

Allerdings hat die Französische Gemeinschaft einen Teil ihrer Befugnisse an die Wallonische Region und an die französische Sprachgruppe des Brüsseler Regionalparlaments übertragen: Tourismuspolitik, Aus- und Weiterbildung, Schülertransport, Subventionierung von kommunalen und privaten Sportanlagen, Familienpflege und Hilfe, Einwanderungspolitik, Seniorenpolitik, Behindertenfürsorge usw.

Das 94 Mitglieder umfassende Parlament der Französischen Gemeinschaft wird nicht direkt gewählt; sondern setzt sich zusammen aus den 75 Mitgliedern des Wallonischen Regionalparlaments und 19 Mitgliedern der französischen Sprachgruppe im Brüsseler Regionalparlament.

Die Regierung der französischen Gemeinschaft darf höchstens acht Mitglieder umfassen, von denen mindestens eines seinen Wohnsitz im zweisprachigen Gebiet Brüssel-Hauptstadt haben muss.

2011 trafen die Behörden die Entscheidung, für die Französische Gemeinschaft die Bezeichnung « Föderation Wallonie-Brüssel“ zu nutzen. Der neue Name wird für Kommunikationszwecke gebraucht. Der Name « Französische Gemeinschaft » bleibt im verfassungsrechtlichen Rahmen bestehen.

Die Flämische Gemeinschaft

Die flämischen Institutionen unterscheiden sich von denjenigen auf frankophoner Seite: In Flandern nehmen ein einziges Parlament und eine Regierung sowohl die Gemeinschafts- als auch die Regionalkompetenzen wahr. Das Flämische Parlament ist das Legislativorgan für die flämischen Gemeinschaftseinrichtungen in Brüssel.

  • Das Flämische Parlament zählt 118 Mitglieder (+ 6 Mitglieder, die aber nicht für flämische Regionalangelegenheiten, sondern nur für Gemeinschaftsangelegenheiten zuständig sind).
  • Die Flämische Regierung darf 11 Mitglieder zählen, davon mindestens ein Mitglied aus Brüssel.
  • Der Sitz des Flämischen Parlaments und der Flämischen Regierung befindet sich in Brüssel.

Die Gemeinschaftsangelegenheiten in Brüssel

Die Gemeinschaftsangelegenheiten sind nicht gebietsbezogen wie die Regionalangelegenheiten, sondern personenbezogen. Andererseits gilt aber in Belgien das Territorialitätsprinzip. Das heißt für Brüssel: Die Bürger dürfen nicht von Amts wegen der französischen und flämischen Sprachgruppe – und damit auch nicht der einen oder anderen Gemeinschaft – zugeordnet werden. Speziell für die Wahrnehmung der Gemeinschaftsangelegenheiten wurde in Brüssel ein besonders kompliziertes institutionelles Geflecht geschaffen:

Die Französische Gemeinschaftskommission:

Sie übt im Rahmen der Dekrete, die von der Französischen Gemeinschaft beschlossen wurden, verordnende Befugnisse für die französischsprachigen Institutionen in Brüssel aus: französischsprachige Schulen, Rundfunkstationen, Bibliotheken, Gesundheitseinrichtungen usw. Die Französische Gemeinschaftskommission setzt sich aus den frankophonen Mitgliedern des Brüsseler Regionalrats (72 Mitglieder) zusammen.

Die Französische Gemeinschaftskommission übt Dekretgewalt in dem Teil der Befugnisse aus, die im wallonischen Landesteil von der Französischer Gemeinschaft auf die Wallonische Region übertragen wurden.
Die Ausführung der Beschlüsse wird durch das Kollegium der Französischen Gemeinschaftskommission (die frankophonen Mitglieder der Brüsseler Regionalregierung) gewährleistet.

Die Flämische Gemeinschaftskommission:

Sie übt im Rahmen der Dekrete, die von der Flämischen Gemeinschaft beschlossen wurden, verordnende Befugnisse für die flämischen Institutionen in Brüssel aus: flämische Schulen, Rundfunkstationen, Bibliotheken, Gesundheitseinrichtungen usw. Die Flämische Gemeinschaftskommission setzt sich aus den 17 direkt gewählten Mitgliedern des Brüsseler Regionallparlaments zusammen.

Die Ausführung der Beschlüsse wird durch das flämische Gemeinschaftskollegium (die niederländischsprachigen Mitglieder der Brüsseler Regionalregierung) gewährleistet.

Die Gemeinsame Gemeinschaftskommission:

Sie setzt sich zusammen aus den Abgeordneten der beiden Sprachgruppen der Region Brüssel-Hauptstadt, also den Brüsseler Regionalparlamentariern. Die Gemeinsame Gemeinschaftskommission übt Befugnisse für die Einrichtungen aus, die nicht ausschließlich zu der einen oder anderen Gemeinschaft gehören (z.B. Öffentliche Sozialhilfezentren, städtische Krankenhäuser). Sie regelt ebenfalls Befugnisse, die sich nur auf Personen (und nicht auf Einrichtungen) beziehen: häusliche Krankenpflege, Behindertenversorgung, Gesundheitsvorsorge usw.
Die ausführende Gewalt liegt in den Händen des Gemeinsamen Kollegiums, das sich aus den Mitgliedern der Brüsseler Regionalregierung (ohne Staatssekretäre) zusammensetzt.

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